wort.neu.schöpfung

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Vom Narrativ zur hohen Theologie: alles Weihnachten

Gestern habe ich eine Hausandacht zur Verfügung gestellt, in deren Mitte zwei sogenannte „Wort-Wolken“ standen.
Das Evangelium des Tages war die Weihnachtsgeschichte nach Lukas, wie sie dort im 2. Kapitel zu finden ist.



In sehr anschaulichen Bildern ‚berichtet‘ uns Lukas von der Geburt Jesu Christi; was in Wahrheit gar kein Bericht im sachlichen Sinne ist, denn niemand von den Autoren des Neuen Testamentes war dabei oder konnte sich auf historische Zeug:innen der Geburt Jesu von Nazareth berufen.
Die Geburtsgeschichte Jesu in dieser erzählenden Form geschieht einerseits auf dem Hintergrund der Erzählkultur des Nahen Ostens und des Orients und andererseits ermöglicht sie uns einen ‚herzlichen‘ Zugang zur Geburt des Erlösers Jesu Christi.
‚Herzlich‘ nenne ich den Zugang deshalb, weil die Weihnachtsgeschichte nach Lukas wirklich ‚zu Herzen geht‘, auch mir. Sie gehört für mich zum unverzichtbaren Bestandteil des jährlichen Weihnachtsfestes.

‚Herzlich‘ nenne ich sie deshalb auch, weil der theologische Zugang zum Weihnachtsfest nicht nur über die hohe Theologie führt, sondern auch über das Herz, über Emotionen/Gefühle.
Es ist dieser ‚herzliche Zugang zum Geheimnis der heiligen Nacht‘ den A. de St. Exupery in seinem Werk ‚Der kleine Prinz‘ in die Worte fasst:

„Man sieht nur mit dem Herzen gut; das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.“

A. de St. Exupery, Der Kleine Prinz

Dieser Zugang zum ‚Geheimnis der heiligen Nacht‘ ist sicherlich auch der Grund, warum so viele Menschen gerade zu Weihnachten unsere Gottesdienste mitfeiern (sei es als Präsenzveranstaltung oder auch über die verschiedensten Medien).

Vielleicht nennen viele Weihnachten auch deshalb das „Fest der Liebe“.

Wer die Weihnachtsgeschichte nach Lukas liest oder hört, der wird das, um was es bei Weihnachten geht, mit dem Herzen erfassen – meist auf direktem Weg vom ‚Ohr ins Herz‘.
Dabei spielen natürlich auch unsere Gefühle als ein Element, unser Leben zu deuten und zu verstehen, eine ganz maßgebliche Rolle.

Ver-dichtung

Heute, am 1. Weihnachtstag, dem eigentlichen „Hochfest“ steigt uns das Evangelium buchstäblich zu Kopfe. Heute hören wir die Weihnachtsbotschaft nach Johannes, die im strengen Sinne keine ‚Geschichte‘ ist, deshalb nenne ich sie auch nicht ‚Weihnachtsgeschichte nach Johannes‘.

Denn dieser Text spricht eine ganz andere Sprache: es ist die Sprache des Verstandes, der Philosophie, der Kunst der Dichtung und insofern eine pure ‚Verdichtung‘ des Weihnachtsereignisses.

Wer heute ‚verstehen‘ will, braucht schon etwas Zeit und Ruhe, um den Text auf sich wirken zu lassen.
Dann aber explodiert der Text mit seinen vielen Facetten und Aussagen (darauf möchte ich jetzt hier aber nicht näher eingehen).

Einen Schlüssel möchte ich aber dennoch ‚an die Hand geben‘: vergleichen Sie den Anfang des Johannes-Evangeliums mal mit der Schöpfungsgeschichte nach Genesis (1 Mose), und achten auf die ‚Funktion‘ des Wortes.
Ent-decken Sie etwas?

Quelle: Bild von Gordon Johnson auf Pixabay

Wortneuschöpfung resp. wort.neu.schöpfung

Erinnern Sie sich noch an die Überschrift über diesen Beitrag?

Da steckt das Wort „Wortneuschöpfung“ drin.
Darunter verstehen wir eigentlich, wenn ein ganz neues Wort in unserer Sprache geschaffen wird: ein neues Wort ist da und kann in unseren Wortschatz und Sprachgebrauch aufgenommen werden. Besonders die Jugendsprache ist sehr kreativ in Wortneuschöpfungen.

Bei Weihnachten geht es aber um keine ‚Wortneuschöpfung‘ sondern um wort.neu.schöpfung.

Die Welt, die am Anfang allen Seins durch Gottes Wort geschaffen wurde (vgl. Genesis/ 1 Mose), wird nun durch das menschgewordene Wort Gottes = Jesus Christus neu geschaffen.

Durch Weihnachten bricht eine ’neue‘ Schöpfung an, die alle menschliche Existenz und die ganze Schöpfung nicht der Hoffnungslosigkeit und der Unendlichkeit des Todes überlässt, sondern der ‚Anfang der Ewigkeit‘ wird.

Gerd Wittka, 25.12.2021


Ich möchte Sie heute einfach mal einladen, sich einen Augenblick der Ruhe, Stille und Besinnung zu nehmen und Sie bitten, mal über Folgendes nachzudenken:

  • Wo sehne ich mich danach, dass etwas ’neu‘ in meinem Leben geboren werden soll?
  • „Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen!“ – so ein Sprichwort. Welche Zusagen, Impulse oder Ermutigungen brauche ich dazu? Von wem kann ich solche Ermutigungen annehmen und auch ‚zu Herzen nehmen‘?
  • Konkret: An welche Worte Jesu erinnere ich mich und welche Worte Jesu gehen mir ‚zu Herzen‘, sprechen mich an und motivieren mich in meinem Glauben?

Ich wünsche Ihnen an diesem ersten Weihnachtstag, dass Ihr Leben von dieser wort.neu.schöpfung berührt wird, es in Ihnen neu geboren werden kann und Sie in Ihrem Leben begleitet und stärkt.

Es heißt: im Anfang war das Wort –

mir deucht: im Anfang war die Liebe.

Luise Baer (19./20. Jhdt.), deutsche Schriftstellerin –
Quelle: Baer, Jahresgedanken einer Frau, 1921




Kirche und Klimastreik

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Notwendige Unterstützung

Evangelische und katholische Kirche beteiligen sich am kommenden Klima-Streik am 20. September 2019.
Sie unterstützen öffentlichkeitswirksam dieses Anliegen und sind auch bei manchen Protest-Demos mit eigenen Wortbeiträgen vertreten.

Ich selber unterstütze ausdrücklich diesen Aktionstag und auch in meinem Zuständig- und Verantwortungsbereich werbe ich für die Teilnahme an dieser Klimastreik-Demo.

Kritische Anfragen

Dennoch kann ich nicht umhin, kritische Rückfragen zu stellen, gerade auch im Hinblick auf die Fragen, welche Beiträge Kirchen und Christ*innen bereits in der Vergangenheit beispielhaft geleistet haben, um ein praktisches Vorbild in der Frage des Klimaschutzes zu sein?



Mir geht es darum – auch in der Rückschau – das in den Blick zu nehmen, wo wir als Kirche und einzelne Christ*innen schon längst und ohne größere Anstrengungen hätten handeln können!

  1. Ich frage mich zum Beispiel, wie es bei unseren Pfarreien mit dem Stromverbrauch aussieht?
  2. Ist es mittlerweile Standard, dass unsere Pfarreien Ökostrom beziehen, für Kirche und Gemeindegebäude?
  3. Oder wie ist es mit unseren Pfarrei-Entwicklungs-Prozessen (PEP)?
    Welche Rolle spielt die Ökologie bei den vorgenommenen oder anstehenden Entscheidungen?
  4. Wurde z.B. die Energie- und Ökobilanz bei der Frage berücksichtigt, welche Kirchen oder andere Gebäude erhalten und welche geschlossen werden?

Nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben

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Oder wie ist es mit ökologischen Innovationen?
In meiner früheren Pfarrei gab es Anfang der 2000er Jahre einen Arbeitskreis „Ökologie“, in dem ich mitgewirkt habe. Bis zu meinem Ausscheiden sind keine signifikanten Vorschläge aus den Beratungen umgesetzt worden, wie z.B. Photovoltaik-Anlagen oder Umstieg von Ölheizung auf ökologischere Heizanlagen, obwohl Erneuerungen anstanden. Mittlerweile ist ein Gebäude sogar zu einem Pfarrzentrum ausgebaut worden, aber die Pläne, dort eine Photovoltaikanlage zu installieren, in einem benachbarten Garten eine Regenauffang-Anlage für die Toilettenspülungen zu bauen oder auch nur Solarthermie-Anlagen für Warmwasser … alles nicht umgesetzt; und das, obwohl Geld für Umbau in die Hand genommen wurde und es Förderprogramme gab oder auch noch gibt!

Und wie halten wir es mit der Abfallproblematik bei unseren Veranstaltungen? Was ist mit Einwegprodukten? Kaufen wir für die verschiedenen Grillabende in Gemeinde oder Verbände Ökofleisch von regionalen Anbietern, oder geht es uns ums ‚möglichst billig‘? Was ist mit dem Kaffee, der viel in unseren Gemeinden verbraucht wird: ökologisch und fair gehandelt?

Es ist das eine, wenn Spitzen der Stadtkirche sich am Freitag sogar mit Statements bei Klimastreik-Demonstationen beteiligen.
Das andere ist aber auch die nötige und selbstkritische Rückfrage:

Was tun wir? Und auch: was haben wir bereits in der Vergangenheit versäumt, zu tun?

Ich selber beziehe schon seit Anfang der 2000er Jahre Ökostrom und bei meinem Stromanbieter werde ich dafür belohnt, wenn ich den Stromverbrauch weiter reduzieren.
Bislang war es mir immer noch jedes Jahr möglich, den Stromverbrauch zu reduzieren, obwohl z.B. auch sämtliches Warmwasser in meinem Haushalt über Durchlauferhitzer bereit gestellt wird.
Und ich habe nicht das Gefühl, dass mein Lebenskomfort dadurch spürbar gesunken ist.

Auch in anderen Bereichen frage ich mich zuerst: wie kann ich ohne großen Aufwand kleine ökologische Schritte gehen?
fairgehandelter Ökokaffee ist bei mir Standard
– schrittweise Umstieg auf LED-Leuchten
– mehr und mehr ökologisch und fair gehandelte Kleidung verschiedener Anbieter wie z.B. grundstoff.net
verpackungsfreies Obst und Gemüse (bevorzugt ‚bio‘)
– als erste Option immer BIO-Lebensmittel
Umstieg von Duschgel auf Dusch-Seifen in Sisal-Säckchen
– …

Ich weiß, dass ich da lästig bin, aber ich denke, bei Kirchens bleiben wir bislang deutlich unter unseren – leicht umzusetzenden – Möglichkeiten.