Karsamstag – Tag der Grabesruhe

Es ist alles getan …

In Zeiten von Post-Covid und meinem Fatigue (Erschöpfungssyndrom) feiern sich für mich die Kar- und Ostertage deutlich anders.
Ich habe so eine ähnliche Phase schon einmal erlebt, als ich Anfang 2020 an einer Depression erkrankt war.

Mir steht momentan nur Energie-Reserven für ca. drei Stunden zur Verfügung, bevor ich wieder in die Erschöpfung falle.
Um also diese Feiertage auch mit meinem Dienst gut in Einklang bringen zu können, ist gute Planung nötig.

Da trifft es sich gut, dass ich persönlich am Gründonnerstag und Karfreitag keine liturgischen Dienste wahrnehmen musste.

Es ist alles getan ….?!

Leider trifft das nicht für jene zu, die im kirchlichen Dienst stehen, als Küster:in, als Kirchenmusiker:in, als Gottesdienstleiter:innen oder Seelsorgende (ob hauptberuflich oder ehrenamtlich!).

Für mich als Krankenhausseelsorger fallen damit verschiedene Aufgaben an:

  • Inhaltliche Vorbereitung der Gottesdienste
  • Vorbereitung und Gestaltung von Gottesdiensträumen und Seelsorgewände in den Krankenhäusern
  • praktische Arbeiten für die Gottesdienste (Kapellengestaltung, liturgische Vorbereitungen von Liturgiegeräten, Messbuch und Lektionaren, andere organisatorische Arbeiten, …)

Deshalb habe ich Gründonnerstag und Karfreitag ganz bewusst persönlich spirituell begangen mit Schriftlesungen, Stundenliturgien, Betrachtungen …

Es ist alles getan …

Weil dem nicht so ist/war, musste ich gestern am Karfreitag Abend mich schon auf den Weg machen, um in beiden Krankenhäusern Vorbereitungen für Ostern zu treffen.
Zwar widerstrebt mir das innerlich, bereits am Karfreitag Kapellen – wenn auch nicht vollständig – ‚österlich‘ herzurichten. Aber wenn es dann Ostern fertig sein soll, geht es nicht anders.
Also war ich gestern Abend unterwegs und habe begonnen, im Johanniter-Krankenhaus die Kapelle umzugestalten und auch die Seelsorge-Wand im Bereich des ehemaligen Cafés.

Heute Abend, nach dem Gottesdienst im AMEOS-Klinikum St. Clemens, werde ich dort noch Blumen und Kerzen auf dem Altar stellen.
Dann ist diese Kapelle fertig – in der leider keine Gottesdienste zu Ostern stattfinden.

Anschließend fuhr ich noch ins AMEOS-Klinikum St. Clemens Oberhausen.
Auch dort gibt es eine Kapelle, in der am Karsamstag – bereits um 16.00 Uhr – der erste Ostergottesdienst gefeiert wird.
Ich bin froh und sehr dankbar, dass ich dort heute zwei Herren haben werde, die mich vor Ort unterstützen werden, sowohl in der Sakristei als auch während des Gottesdienstes.
Insgesamt haben wir eine Frau und vier Männer, die grundsätzlich und ehrenamtlich für Küsterdienste, Lektorendienste, Kommunionhelfer:innen-Dienst und was sonst noch so nötig ist, bereit stehen.

In der Kapelle hatten wir noch die Gestaltung von Palmsonntag.

Das musste natürlich abgebaut und aufgeräumt werden. Einige Palmzweige hatten sich allmählich in der Kapelle verteilt …

Damit ich heute nicht zu viel machen musste, hatten wir – mein Kollege in der Krankenhaus-Seelsorge und ich – schon letzte Woche die Osterkerzen vorbereitet.
Nun wollte ich noch in Ruhe andere Vorbereitungen erledigen, wie liturgische Bücher präparieren, Give-aways (Eier und Postkarten) vorbereiten und was man sonst schon so tun konnte.
Auch der Altarraum wurde schon etwas österlich dekoriert: das Kreuz bekam eine Stola und Palmzweige, der Altar eine festliche Tischdecke.

Heute werden dann mit Hilfe der Helfer dieses alles in der Kapelle bereitet und dazu kommt noch besondere Festtagsbeleuchtung, die während des Ostergottesdienstes in der Kapelle für eine Effektbeleuchtung sorgen werden.

Nach über drei Stunden war ich dann wieder ziemlich erschöpft und kam gegen 21.30 Uhr gestern nach Hause.
Danach ging es nur noch auf die Akupunkturmatte und dann ins Bett. Leider fand ich erst gegen 01.30 Uhr heute Morgen Schlaf und war wieder um 7.45 Uhr wach.
Aber so ist das mit Post-Covid.
Doch ich verließ die Kapelle mit einem tiefen Eindruck von Karsamstag, wie das nachfolgende Bild zeigt:

Dieses Bild symbolisiert für mich den heutigen Tag.

Es ist alles getan …

Ja, es ist alles getan.
Ich werde nicht mehr durch die Geschäfte hetzen, mich nicht hinreißen lassen zu Hektik und Stress.

Stattdessen habe ich heute morgen in aller Ruhe die Laudes gebetet, etwas Klaviermusik gehört und dann gefrühstückt.
Draußen singen die Vögel und ich höre auch das geschäftige Treiben – den regen Autoverkehr in den benachbarten Straßen.
Doch für mich ist (fast) alles getan.
Gleich singe ich noch mal das Exultet … und dann ist es gut.

Der Karsamstag ist für mich – wenn auch kein ganzer Tag – ein wirklicher Tage der Grabes-RUHE!
Und wenn ich intensiv in mir hineinhorche, dann ist das eine verheißungsvolle Ruhe und eine erwartungsvolle Stille.
Ich warte ruhig und geduldig auf den Augenblick, wo wir feiern werden, weil uns allen

DAS LEBEN BLÜHT!


Alle Fotos: copyright by Gerd A. Wittka, 2025




Zu Christus führen …

Transformation, Umstrukturierung, Wandel …
alles Begriffe, die zur Zeit auch in den Kirchen große Aktualität genießen.
Doch bei all dem darf der Kern allen seelsorglichen Tuns nicht aus dem Blick geraten.



Manche Tagesordnung von Gremien in Pfarreien ähneln einer Vorstandssitzung von großen Unternehmen.
Da gibt es viele Punkte organisatorischer Art, die auf strukturelle Veränderungen in unserer Kirche und in unseren Pfarreien hinweisen.
Es wird viel diskutiert, vielleicht sogar gestritten. Manchmal ist die Stimmung echt mies. Frust setzt ein. Manche verlassen mitunter frustriert die Gremien oder werden lethargisch und gehen in die Passivität.
Und dann geht es oft auch ums Geld!

Meine Sorge ist, dass das Wesentliche, der Kern all unseres kirchlichen Lebens und auch die Frage, nach dem Wie und Warum unseres seelsorglichen Tuns dabei immer mehr in den Hintergrund rückt:

Seelsorge heißt, Menschen zu unterstützen, einen Weg zu Christus zu finden!

Im Neuen Testament gibt es unzählige Stellen, die uns einladen, auf die Worte Christi zu hören, uns von ihnen inspirieren zu lassen und sich ihm anzuschließen.

Bild: Gerd Wittka, 2024, mittels KI erstellt

„Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid“

durch solche und andere Worte lädt Christus uns immer wieder neu ein, seine Nähe zu suchen. Er möchte uns Freund sein. Er hat „Worte des ewigen Lebens“ für uns.

Wo findet sich diese Einladung Christi an uns Menschen in unserer Seelsorge wieder?!
Wo nehmen wir uns die Zeit, diese Frage ins Zentrum unserer seelsorglichen Überlegungen zu stellen?

Je älter ich werde und je bewusster ich die Veränderungen in unseren Gesellschaften wahrnehme, um so stärker habe ich den Eindruck, dass jene, die sich Christ:innen nennen, intensiver um ihre Christusfreundschaft bemühen müssen.

Als Seelsorgende, ob hautberuflich oder ehrenamtlich, kommt es uns zu, den Menschen Hilfen und Angebote zu machen, damit wir alle unsere Christusfreundschaft reaktivieren oder vertiefen können.




Kassenloses Einkaufen …

… und die Zukunft der Kirche

Heute sah ich einen TV-Bericht, wie in einem deutschen Bahnhof ein Pilotprojekt läuft.
Es geht um ein kleines Geschäft, in dem die Kund:innen kassenlos einkaufen können.
Wer sich zuvor über eine Smartphone-App registriert hat, bekommt den Zugang zum Laden und kann sich seine Ware einfach so in die eigene mitgebrachte Tasche stecken.
Wenn dann alles ‚gekauft‘ wurde, verlässt die Kundin/der Kunde einfach den Laden, ohne sichtbar zu bezahlen.
Die Erfassung der gekauften Ware erfolgt über Kameras und die Bezahlung online und bargeldlos.

Dieser Bericht endete dann jedoch mit einem gegenteiligen Beispiel:

In einer Kleinstadt gibt es einen Supermarkt, in dem es eine ‚Plauder-Kasse‘ gibt.
Hier können sich Kund:innen nach alter Tante-Emma-Laden-Sitte einen Plausch mit der Kassiererin gönnen, ohne dass gleich andere Kund:innen dahinter stehen und nervös werden.
Denn: wer sich an diese Kasse stellt, darf (und muss) sich zwangsläufig etwas mehr Zeit lassen (wollen). Hier wird der persönliche Kund:innen-Kontakt groß geschrieben.

Vorbild für heutige Kirche?

Und was haben diese Shopping-Beispiele nun mit der Kirche zu tun? – Soll die Kirche der Zukunft etwa so eine Art ‚Selbstbedienungsladen‘ sein? (Manche haben schon seit vielen Jahren die ‚Sorge‘, dass das passieren könnte. Ob die Sorge aber berechtigt ist, ist noch nicht beantwortet.)

Ich erkenne an diesen Shopping-Beispielen etwas, was durchaus auf die Kirche übertragen werden kann.

Denn: die Menschen in der Kirche sind keine homogene Gruppe.
Die Menschen kommen mit unterschiedlichen Biographien und Glaubenserfahrungen in unser kirchliches Leben (wenn sie denn noch kommen!).
Und sie haben auch unterschiedliche Ansprüche und Bedürfnisse, gerade was die spirituelle Dimension ihres Lebens angeht.

Manche sind wie die Kund:innen in diesem kassenlosen Laden.
Sie sind registrierte Mitglieder und in bestimmten Phasen ihres Lebensweges kommen sie an diesem kassenlosen Geschäft vorbei und denken sich: „Ach, da kann ich ja noch etwas Proviant für meine Reise mitnehmen. Aber ich will das buchstäblich im Vorbeigehen und auch ohne großen Aufhebens erledigen!“
Für solche Menschen ist dieses kassenlose Geschäft sicherlich situativ die richtige Lösung, um ihre Anliegen und Bedürfnisse zu ihrem Recht kommen zu lassen.
Ähnliche Ansprüche und Bedürfnisse finden wir auch bei vielen Menschen, die die Angebote unserer Kirche nutzen wollen.

Und dann gibt es jene, die verbinden mit dem Shopping (um im obigen Beispiel zu bleiben) viel persönliche Begegnung und auch den Austausch mit anderen.
Sie wollen nicht anonymisiert durch den Laden ‚cruisen‘.
Sie möchten wahrgenommen werden; vielleicht schon von Anfang an am Eingang persönlich begrüßt werden.
Und sie möchten Ansprechpartner:innen haben, wenn sie ein bestimmtes Produkt suchen, es aber nicht finden.
Am Ende möchten sie auch nicht so stickum den Laden verlassen.
Sie möchten sich bis zum Ende begleitet wissen durch menschlichen Kontakt, der sich nicht auf das rein Formale beschränkt, sondern zu einem Ort der persönlichen Begegnung und Beziehung wird.

Es ist ein Leichtes, dieses letzte Beispiel auf die Bedürfnisse vieler Menschen zu übertragen, die die Dienste der Kirche nicht nur gelegentlich in Anspruch nehmen wollen.
Wir persönlich kennen viele von denen, die ihr Glaubensleben in und mit der Kirche als ein ganzheitliches Geschehen verstehen, dass auch sehr persönlich ist.
Sie verbinden das kirchliche Leben mit einer sehr persönlichen Beziehungserfahrung, wo ihnen buchstäblich „An-sehen verschafft“ wird durch Menschen und nicht durch seelenlose Scan- und Überwachungskameras!

Kirche als Dienstleisterin

Bei diesem Schlagwort werden sicherlich einige Katholik:innen zusammen zucken! Kirche ist doch keine Dienstleisterin, sagen sie.
Kirche sie eine Gemeinschaft von Menschen, die an Jesus Christus glauben!
Theoretisch und theologisch haben sie Recht!

Doch was nützt eine solche formale Gemeinschaft, wenn Menschen sie nicht als Gemeinschaft erleben und erfahren, sondern eigentlich nur als eine Institution oder Organisation, noch dazu, die Aussagen macht, die ihr persönliches Leben ziemlich direkt betrifft?!

‚modern man‘, Bild von Dimitris Vetsikas auf Pixabay

Ich habe zunehmend die Sorge, dass unsere Kirche mehr und mehr gefährdet ist, menschlich apathisch zu sein!

Dabei brauchen wir gar nicht auf die Spitze der Kirche in Rom oder auch auf Bistumsleitungen zu zeigen. Bereits bei uns in den Pfarreien liegt das Problem.
Ich könnte hier sehr konkrete Beispiele aus der Nähe nennen.
Ein wichtiges Thema ist z.B. das Thema ‚Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit in der Pfarrei‘, weitere Themenkomplexe wären die Behandlung von Themen, die eine Alltagsrelevanz für die Menschen betreffen, wie:

  • ‚Sexualität und Glaube‘,
  • medizin-ethische Fragen bei existentiellen Behinderungen, Erkrankungen oder am Lebensende,
  • geistliche Begleitung von Einzelpersonen,
  • Förderung geistlicher oder gemeinschaftsstiftender Initiativen,
  • moralische Verantwortungsübernahme zur Gestaltung von Gesellschaft und Staat
  • Integrationsförderung von Menschen unterschiedlicher Ethnien, Religionszugehörigkeiten oder Weltanschauungen in das lokale Lebensumfeld,
  • sozial-caritatives Engagement im Stadtteil …

Stattdessen:

Wir machen und tun, organisieren und veranstalten:
doch all das wirkt ritualisiert und vielleicht sogar hohl, wenn etwas nicht mehr im Zentrum unseres kirchlichen Lebens steht:

Der Mensch als Individuum mit seinen eigenen und sehr persönlichen Ansprüchen,
Erwartungen und auch existentiellen geistlichen Sehnsüchten,
die einher gehen mit ganz elementaren menschlichen Bedürfnissen.

Erinnern wir uns noch an die Worte Jesu, wenn Menschen zu ihm kamen und ihn um Hilfe und Heilung baten?

„Was willst DU, das ich DIR tue?“ (vgl. Lk 18,41)

Diese Frage muss auch zur Leitfrage all unseres kirchlichen Lebens und Handelns werden.
Sonst kann kirchliches Leben in einer zunehmenden säkularen Gesellschaft weder Sauerteig noch Salz der Erde sein.


Bilder – wenn nicht näher angegeben: www.pixabay.com


Nachtrag:

Aus gegebenem Anlass und angesichts der erschreckenden Meldung über die noch nie dagewesene Austrittswelle in unserer katholischen Kirche möchte ich hier meine Einleitung zum sonntäglichen Gottesdienst widergeben.

Warum sind wir heute eigentlich hier?
Die Nachrichten der letzten Tage über die nie da gewesene Austrittswelle aus der katholischen Kirche lässt diese Frage berechtigt erscheinen!

Warum bin ich heute hier? Was suche ich, im Gottesdienst und in der Gemeinschaft hier?

Benedikt beschreibt als wichtigste Voraussetzung zur Aufnahme in den Orden, dass der Bewerber „Gottsuchender“ sein muss, nicht mehr aber auch nicht weniger.

Gott zu suchen, sich von ihm für unseren Alltag inspirieren zu lassen, kann eine Grund sein, warum wir trotzdem hier und nicht „eigentlich noch hier“ sind.

Gerd Wittka, Einleitung zur Eucharistiefeier am 13. Sonntag im Jahreskreis – A – 2023




Über die Arbeit im Weinberg

oder: wie eine Krisensituation viele Seelsorger:innen entdecken lässt

Quelle: www.pixabay.com

Bei dem heutigen Evangelium könnten wir leicht in den Chor derer einstimmen, die den ständigen Rückgang von pastoralen Mitarbeiter:innen in der Kirche beklagen.
In diesem Jahr wurde nur ein junger Mann zum Priester geweiht – der kam aus unserer Pfarrei.
Die Verfügbarkeit der Seelsorger:innen, so wird beklagt, sei nicht mehr so gut gegeben, wie früher. (Ob das so stimmt, müsste man mal wirklich prüfen!)

Nun bin ich der Letzte, der dem Evangelium die Wahrheit absprechen würde.
Aber zur Wahrheit gehört manchmal auch der differenzierte und geschärfte Blick.

Gibt es wirklich zu wenige Erntehelfer:innen?

Dazu möchte ich erzählen, was in den letzten Tagen hier in Sterkrade von besonderer Bedeutung wurde.
Ich möchte an den tödlichen Unfall des Schaustellersohnes W. B. erinnern.

Neben den vielen Einsatzkräften von Polizei, Rettungskräften, Notarzt, Sicherheitskräften waren auch binnen weniger Minuten mehr als eine Handvoll „Notfallseelsorger:innen“ zur Stelle.
Evangelisch und katholische Frauen und Männer, hauptberuflich oder ehrenamtlich, darunter auch der Krankenhaus-Seelsorger Johannes Sch.
Sie waren da, um für die Menschen da zu sein, die geschockt und traumatisiert, sprachlos und verzweifelt waren über das schreckliche Unglück, das gegen 19.30 Uhr geschah.

Das sind schon einige Arbeiter im Weinberg des Herrn, die ‚stante pede‘ dort im Einsatz waren.

Gegen 21 Uhr erreichte mich dann ein Anruf eines Mitglieds unseres Pfarrgemeinderates.
Er trug mir den Wunsch vor, schon am kommenden Tag eine Gedenkandacht für die Schaustellergemeinschaft anzubieten, damit diese noch vor Ende der Kirmes die Gelegenheit bekommen, ihrem Schock, ihrer Trauer und ihrem Schmerz Raum zu geben.

Es war hier ein Mitglied unserer Pfarrei, das sich ehrenamtlich engagiert und schnell die Notwendigkeit seelsorglichen Handelns sah und initiativ wurde.

Ich hatte dann zusagen können, fühlte aber, angesichts auch der riesigen seelsorglichen Herausforderung, binnen weniger Stunden einen angemessenen und niederschwelligen Gottesdienst mit Texten und Musik zu erstellen auch eine gewisse Angst. Ich wollte an Montag nicht da allein stehen.

So sprach ich meine evangelische Kollegin in der Krankenhaus-Seelsorge noch gegen 22.00 Uhr an und fragte sie, ob sie mit mir diesen Gottesdienst gestalten und beim Gottesdienst an meiner Seite stehen würde. Sie sagte zu. So lag diese Last nicht nur auf einen Schultern und wir konnten zugleich ein Zeichen ökumenischer Verbundenheit in der Krise setzen.
Hier fanden sich dann zwei hauptamtliche Arbeiter:innen im Weinberg des Herrn, die sich in den Dienst nehmen ließen.

Doch damit nicht genug:
Ich nahm Kontakt mit unserem Küster auf, weil es um ganz praktische Fragen der räumlichen Gestaltung der Clemenskirche ging und um die kurzfristige Besorgung hunderter Kerzen, die wir für ein Kerzenritual verwenden könnten.

Quelle: www.pixabay.com

Auch ihn erreichte ich noch am Abend und er sagte mir spontan seine Hilfe zu.
Er ließ sich auch persönlich in den Dienst nehmen, in dem er am kommenden Tag frühzeitig in der Kirche war und am Ende des Tages bis nach 23 Uhr viele Stunden in der Kirche verbracht hat, um auch später noch Menschen die Gelegenheit geben zu können, Kerzen zur Erinnerung an William B. entzünden und Gelegenheit zum Gebet geben zu können.

Einen Kirchenmusiker so kurzfristig zu finden, war mir nicht mehr möglich. Deshalb entschiedene wir uns, Musik einzuspielen. Aber wie waren die technischen Voraussetzungen dafür? Wie könnten wir die Kirche gut beschallen.
Da war es ein Geschenk, dass ein junger Mann von der kjg seine Hilfe und Unterstützung anbot und mir den Tipp gab, die Verstärkungsanlage der Kirche zu nutzen. Auf meinen Hinweis, dass ich das aber nicht leisten könne, bot er sich selber an, bei dem Gottesdienst diese Aufgabe zu übernehmen. Er selber kümmerte sich dann auch während des Gottesdienst darum, dass technisch alles hervorragend lief.

Sowohl der Küster, der keinen offiziellen Dienst hatte, als auch der junge Mann ließen sich spontan in diesen seelsorglichen Dienst nehmen – denn solche praktischen Arbeiten dienen der Seelsorge und sind nach meinem Verständnis Teil seelsorglichen Handelns unserer Kirche.

Ich möchte es kurz machen, aber nicht, ohne noch zu erwähnen, dass die beiden letztgenannten Personen während der Andacht nicht nur ihren vorher abgesprochenen Part übernommen haben.

Als sie sahen, dass während des Gottesdienstes Unterstützung durch ganz praktische Handreichungen nötig war, haben sie dieses proaktiv übernommen. Sie haben die Sensibilität gehabt, zu erkennen, was gerade dran ist und sind diesem inneren Impuls gefolgt, ohne sich dabei selbst irgendwie in den Vordergrund zu stellen.

Das nötigt mir noch heute größte Dankbarkeit ab. Ich bin ihnen und Gott dankbar, dass er uns an diesem Tag diese Menschen zur Seite gestellt haben, die so viel Takt und Fingerspitzengefühl hatten und sensibel sich für diese Herausforderung in den Dienst nehmen ließen.

Später kam noch die Initiative unserer Gemeindereferentin Melanie M. dazu, die dafür sorgte, dass die Kirche am Montag von 17.00 Uhr bis nach 23.00 Uhr zum persönlichen Gebet geöffnet war. Sie wurde dadurch wiederum durch mehrere Personen unterstützt, so dass immer jemand in der Kirche war.

Wenn ich also Revue passiere, dann sehe ich allein im Umfeld dieses Unglücks mindestens 5-6 Notfallseelsorger:innen, mindestens drei hauptamtliche Seelsorger:innen und mehrere Ehrenamtliche, die sich als Erntehelfer im Sinne des heutigen Evangeliums haben in den Dienst nehmen lassen. Ich kann somit sagen, dass allein in diesem Kontext mehr als 12 Erntehelfer:innen im Einsatz waren.

Quelle: www.pixabay.com

Gibt es also zu wenig Arbeiter:innen?!
Nicht, wenn wir einen neuen Blick üben auf das Potential, dass hier auch mitten unter uns besteht: viele Personen, die sich im engeren seelsorglichen Kontext in den Dienst nehmen lassen.
Ich denke darüber hinaus auch an viele andere, die als ehrenamtliche Gemeindeleitung, als Wort-Gottes-Leiter:innen, als Kommunionhelfer:innen, Lektor:innen, Messdiener:innen, Chorsänger:innen, Trauerbegleiter:innen, usw. usw. immer wieder seelsorgliche Arbeit leisten.

Ich denke, es liegt an uns, dieses Potential auch als solches wahrzunehmen und zu würdigen.

Dann können wir sagen: Ja, es gibt immer weniger Menschen, die hauptamtlich im Dienst des Herrn, als Arbeiter:innen im Weinberg des Herrn arbeiten.
Aber bei genauerem Hinsehen, können wir erkennen, dass es unzählig viele andere gibt, die zusammen mit den hauptamtlichen Personen in der Seelsorge ebenfalls ‚seelsorgliche‘ Aufgaben übernehmen.

Und wenn wir unseren Blick auf diese Menschen in der Seelsorge lenken, dann entsteht sicherlich eine größere Wertschätzung diesen vielen Menschen gegenüber, die selbst mit sehr viel Kompetenz ehrenamtliche Seelsorgeaufgaben übernehmen und auf die wir in unserer Kirche mehr denn je nicht mehr verzichten können.


Fürbitten:

Gott und Schöpfer, wir beten voll Vertrauen.

1. Für alle, die sich ehrenamtlich, besonders auch ehrenamtlich im Bereich der Seelsorge einsetzen: Um die Gaben des Heiligen Geistes, um Ausdauer und Kreativität in ihrem Verkündigungsdienst. V.: Heiliger Herr und Gott. A.: Wir bitten dich, erhöre uns.

2. für alle, die in den Flüchtlingslagern der Welt humanitäre Hilfe leisten, dass sie nicht resignieren und zur Quelle der Freude und der Liebe für die Hilfesuchenden sind. V.: Heiliger Herr und Gott. A.: Wir bitten dich, erhöre uns.

3. für die Kinder und Jugendlichen, in unserem Land und weltweit, die zu wenig Liebe, Schutz und Geborgenheit erfahren. V.: Heiliger Herr und Gott. A.: Wir bitten dich, erhöre uns. 

4. Für alle, die Opfer von Terror und Krieg, Hass und Gewalt geworden sind. V.: Heiliger Herr und Gott. A.: Wir bitten dich, erhöre uns.

5. Für alle, die bei Unfällen ihr Leben verloren haben und für ihre trauernden Angehörigen. V.: Heiliger Herr und Gott. A.: Wir bitten dich, erhöre uns.

Guter Gott, der Glaube an dich und deinen Beistand, hilft uns immer wieder neue Kraft und neuen Mut zu finden. Er bewahrt uns vor Resignation und Frust. Dafür danken wir dir, jetzt und alle Tages unseres Lebens. Amen.




Gott und den Menschen…

Mein Dienst gilt Gott und den Menschen.

www.pexels.com

Die Kirche nimmt mich dafür in den Dienst.

Die Prioritäten, die sich daraus ergeben, sind klar.

Dazu passt auch folgender Bericht: https://neuesruhrwort.de/2021/03/31/bischof-meier-kritisiert-priesterbild/