Segnung möglich

Vatikan ‚erlaubt‘ nun offiziell die Segnung von homosexuellen und unverheirateten Paaren möglich.

Zuerst dachte ich an einen extrem verspäteten Aprilscherz als ich heute die Meldung las:

„Priester dürfen künftig auch homosexuelle und unverheiratete Paare segnen.“
(Quelle: Katholische Kirche erlaubt Segnung für homosexuelle Paare – katholisch.de)

Aber es scheint wirklich keine Ente zu sein.

Nach jahrelangem Ringen in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland und auch in anderen Ländern kommt jetzt plötzlich ein – nicht wirklich überzeugendes – Einlenken des Vatikans, nachdem es noch vor einigen Jahren ein explizites Verbot dieser Segnungen gegeben hat. Dies wiederum hatte zu enormem innerkirchlichen Protest in Deutschland geführt, aus der auch eine Segnungsinitiative entstanden ist.

Ich sag mal so: ich will jetzt nicht sagen: „Es geschehen noch Zeichen und Wunder!“ – Aber man darf schon an dieser Entscheidung eine Wirkung des Heiligen Geistes im Vatikan erkennen, meine ich!

Und ich kann auch nicht verhehlen, dass es mir eine innere Freude und Genugtuung ist, dass jene, die noch vor wenigen Jahren das Hissen von Regenbogenflaggen an unseren Kirchen bekämpft haben, nun nicht mehr ihre diskriminierende Haltung mit Aussagen aus Rom ‚begründen‘ können.

Menschen, die aus verschiedenen Gründen auf eine kirchliche Trauung verzichten, Menschen, die nach dem Sakramentenrecht der katholischen Kirche nicht erneut kirchlich heiraten dürfen und Menschen des gleichen Geschlechts, denen die sakramentale Ehe verwehrt wird, haben nun endlich die Möglichkeit, in einem kirchlichen Rahmen zu bekunden, dass sie glauben, dass Gott ihre Liebe segnet und dass ihre Partnerschaft heilswirksam sein kann.

Wenn das Dokument allerdings betont, dass eine Segnung nicht im Rahmen eines „liturgischen Ritus“ stattfinden dürfe, dann scheint dass für mich eine in sich schwierige Aussage zu sein. Formal will damit der Vatikan zum Ausdruck bringen, dass er nicht gewillt ist, ein eigenes liturgisches Ritual für solche Segnungen zu entwickeln.
Aber er wird dadurch noch mehr Verwirrung schaffen, denn die Menschen verbinden mit einer Segnung einen Gottesdienst, in welcher Form auch immer. Und ein Gottesdienst ist immer auch Liturgie.
Ob diese Liturgie nun Teil der offiziellen Liturgie der Kirche ist, das kann der gläubige ‚Normalo‘ kaum unterscheiden, weil das theologische Feinheiten sind, die sich dem allgemeinen Verständnis von Gottesdienst, Segnung und Liturgie entzieht.

Interessant ist auch dieser Teil der Verlautbarung:

In diesem Zusammenhang kommen mir die folgenden – teilweise schon zitierten – Worte des Heiligen Vaters in den Sinn: „Entscheidungen, die unter bestimmten Umständen Teil der pastoralen Klugheit sein können, müssen nicht notwendig zur Norm werden. Das heißt, es ist nicht angebracht, dass eine Diözese, eine Bischofskonferenz oder irgendeine andere kirchliche Struktur auf Dauer und offiziell Verfahren oder Riten für alle möglichen Angelegenheiten genehmigt […]. Das Kirchenrecht soll und kann nicht alles abdecken, und auch die Bischofskonferenzen mit ihren verschiedenen Dokumenten und Protokollen können dies nicht tun, da das Leben der Kirche durch viele Kanäle neben den normativen fließt“[24]. So erinnerte Papst Franziskus daran, dass alles, „was Teil einer praktischen Unterscheidung angesichts einer Sondersituation ist, nicht in die Kategorie einer Norm erhoben werden kann“, weil dies „nur Anlass zu einer unerträglichen Kasuistik gäbe“ …

https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2023/12/18/0901/01963.html

Mit dieser Verlautbarung klärt der Vatikan leider weniger als er verwirrt.
Oder, um es deutlicher auszudrücken: Der Vatikan betreibt da einen begrifflichen Eiertanz!
Da ist die Klarheit mancher Bischöfe und ihrer Generalvikare in Deutschland doch schon deutlich weiter und klarer. In unserem Bistum Essen zum Beispiel werden solche Segnungshandlungen seitens des Bistums nicht sanktioniert.




Vatikanisches Denunziantentum

Priester aus dem Erzbistum Köln wegen Segnung liebender Menschen abgemahnt

Bild von Prawny auf Pixabay

Quelle: Mettmanner Pfarrer abgemahnt wegen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare – Rheinland – Nachrichten – WDR

Weil er liebende Menschen segnete, wurde ein Priester des Erzbistums Köln abgemahnt.
Vorausgegangen war eine Einladung zu einer Segensfeier für liebende Menschen.
Den Berichten zufolge, soll es im Vatikan eine anonyme Anzeige gegeben haben, da der Priester in diesem Gottesdienst auch nicht-heterosexuelle Paare gesegnet habe.
2021 hat der Vatikan noch einmal ausdrücklich betont, dass homosexuelle Paare in einer kirchlichen Feier nicht gesegnet werden dürften.
Dies hat in Deutschland zu einer heftigen innerkirchlichen Auseinandersetzung geführt, aus der auch die Initiativen „Liebe gewinnt“ und „#outinchurch“ entstanden ist.
Im Rahmen des Synodalen Weges wurde zudem gefordert, dieses Verbot außer Kraft zu setzen.
Einige Bistümer in Deutschland werden solche Segenshandlungen nicht sanktionieren – nicht dazu gehört das Erzbistum Köln unter Kardinal Woelki, der an diesem vatikanischen Verbot festhält.

Die Bistümer Münster, Aachen und Essen haben hingegen betont, Segnungen dieser Art nicht zu bestrafen, sondern die Entscheidung darüber der gewissenhaften pastoralen Verantwortung der Seelsorgenden zu überlassen.

Ungeachtet des Umstandes, dass die Kirche keine Probleme damit hat, Sachbenediktionen vorzunehmen, also Gegenstände zu segnen, wozu auch Fahrzeuge, Häuser etc. gehören, aber Menschen die das Liebesgebot bestmöglich in ihrem Leben umsetzen möchten, nicht segnen will, gibt es noch eine moralische Dimension dieses Vorgangs.

Denunziation

Der Abmahnung geht offenbar eine anonyme Anzeige voraus, die beim Vatikan eingegangen ist.
Verwerflich ist in meinen Augen, dass es sich bei dieser Segenshandlung nicht um ein kapitales Unrecht handelt, das per se sanktioniert werden müsste.
Es ist die Frage, ob bei solchen Bagatellen anonyme Hinweise ausreichen, um eine solche rigorose Abmahnung vornehmen zu müssen?!
Zudem muss gefragt werden, ob die anzeigende Person selber bei dieser Segnungsfeier zugegen und damit persönlich Zeuge dieser Segnung gewesen ist?
Wenn ja, dann müssen auch „Ross und Reiter genannt“ werden!

Mit einem solchen rigiden Verhalten fördern wir eine inquisitorische Atmosphäre in der Kirche, wenn bei solchen Bagatell-Fällen allein eine anonyme Anzeige ausreicht, um solche rechtlichen Schritte einzuleiten.
Wer es zulässt, als (Erz-)Bistum sowie als Erzbischof und Kardinal so die Saat der Denunziation zu fördern, fördert damit auch die Entfernung von einer geschwisterlichen Kirche.
Kardinal Woelki ist schon lange dabei, den Schatz der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens in die Leitung der katholischen Kirche zu verspielen.

Er selber hätte diese Angelegenheit auf sich beruhen lassen können.
Was hätte ihm schon passieren können, wenn er den Priester nicht ermahnt hätte?
Der Papst würde ihn deshalb sicherlich nicht aus dem Amt entfernen.

Dazu hätte der Papst schon viel früher gute Gelegenheit gehabt, die leider nicht von Rom genutzt wurde!

Dieser autoritäre Akt ist ein weiterer Schlag mit der Abrissbirne gegen die Glaubwürdigkeit der römisch-katholischen Kirche!
Man braucht keine prophetische Gabe zu besitzen, um zu erkennen, dass dies eine neue Welle von Kirchenaustritten nach sich ziehen wird.
Doch dass scheint dem Kardinal in Köln völlig gleichgültig zu sein.




Solidarische Regenbogen-Flagge

Copyright: Gerd Wittka, 2021

Segnungsverbot des Vatikans fordert zu klarer Kante heraus

Mitte März 2021 hat der Vatikan für die katholische Kirche weltweit ein Verbot der Segnung homosexueller Partnerschaften ausgesprochen. Doch nicht allein homosexuelle Partnerschaften sind von diesem Segnungsverbot betroffen; auch alle anderen Lebenspartnerschaften, die nicht kirchlich heiraten können oder wollen, dürfen kirchlich nicht gesegnet werden.

Dieses Verbot stößt seit der Veröffentlichung des Dekretes auf großen Widerstand in der katholischen Kirche: Jugend- und Erwachsenenverbände, Laiengremien aber auch Seelsorger:innen lehnen dieses Verbot ab.

Selbst ranghohe Geistliche wie Generalvikare und Bischöfe positionieren sich gegen dieses Verbot. Zu mehreren Tausenden haben Seelsorger:innen in ganz Deutschland einen Appell unterzeichnet gegen dieses Verbot.

Als solidarisches Zeichen hängen mittlerweile vor vielen Kirchen und Kapellen Regenbogen-Flaggen.
Seelsorger:innen sagen bundesweit weiterhin solche Segnungsfeiern zu, auch gegen dieses ausdrückliche Verbot aus Rom.

Copyright: Gerd Wittka, 2021

Wir Krankenhaus-Seelsorger im AMEOS-Klinikum St. Clemens, Oberhausen-Sterkrade, haben als Zeichen der Solidarität gegenüber allen Liebenden, die für ihre Beziehung Gottes Segen erbitten, in der Krankenhaus-Kapelle eine Regenbogenfahne aufgehängt.

Damit bringen wir zum Ausdruck, dass wir auch weiterhin für solche Segnungsanfragen ansprechbar bleiben.




Vatikan verbietet Segnung homosexueller Paare …

… aber nicht nur diesen!

Es schlug wie eine „Bombe“ ein, als der Vatikan in einem Dekret von Anfang dieser Woche noch einmal ausdrücklich betonte, dass homosexuelle Partnerschaften im Rahmen römisch-katholischer Segnungsfeiern nicht gesegnet werden dürfen.

Darauf hin gab es quer durch die ganze katholische Kirche von allen Seiten kritische Stellungnahmen zu diesem Dekret und auch ganz klare Positionierungen gegen dieses Verbot.

Erstaunlicherweise geht dieser momentane Protest über die LGTBQ+-Community hinaus und auch heterosexuelle Personen in der katholischen Kirche positionieren sich deutlich dagegen.



Der Theologe und Kommunikationsberater Erik Flügge (Köln) kommentierte das in seinem Beitrag auf twitter am 17.02.2021:

„…In der Katholischen Kirche passiert gerade etwas sehr Spannendes: Massenhaft stehen Heterosexuelle gegen die Diskriminierung von Homosexuellen auf.
Ehefrauen, Ehemänner, Priester, Ordensleute und Diakone fordern den Segen für homosexuelle Partnerschaften….“

Quelle: https://twitter.com/erik_fluegge/status/1372132309973995531

Ja, es ist bemerkenswert und wohl das erste Mal, dass auch heterosexuelle Frauen und Männer sehr deutlich gegen das Segnungsverbot von homosexuellen Lebenspartnerschaften Position beziehen.

Das ist aller Anerkennung wert! Aber es ist zugleich auch eine von mir erwartete Selbstverständlichkeit.

Verbot betrifft gleichermaßen heterosexuelle Paare

Denn dieses Dekret verbietet ja nicht nur die Segnung homosexueller Partnerschaften sondern bekräftigt – so nonchalance – auch das Segnungsverbot von heterosexuellen Partnerschaften, die keine Ehe sind:
„…Aus diesem Grund ist es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (…) einschließen,…“
Quellen: https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2021/03/15/0157/00330.html#ted

„Betrifft mich nicht …“

Jetzt könnten manche sagen: Das betrifft mich doch nicht!

Das mag sein, aber es betrifft womöglich viele andere Paare, insbesondere jene, die in der Gemeinde gut verortet sind, am Gemeindeleben aktiv teilenehmen und sich auch sonstwo in der Kirche engagieren.

Es betrifft:

  • junge Paar, die sich lieben und deshalb gemeinsam eine Wohnung beziehen wollen, aber (noch) nicht heiraten wollen. Sie tragen den Wunsch heran, dass die neue Wohnung gesegnet werde. Und wenn man schon gerade mal in diesen häuslichen Gefilden sind, erbitten sie auch für sich beide und für diese neue Gemeinsamkeit unter einem gemeinsamen Dach den Segen Gottes.
  • Ein heterosexuelles Paar, beide katholisch (bei der mindestens ein Teil schon einmal kirchlich verheiratet war, dann aber staatlich geschieden wurde), wollen eine gemeinsame Lebenspartnerschaft eingehen. Da sie aber nicht kirchlich heiraten können, heiraten sie ’nur‘ standesamtlich, wollen aber nach der standesamtlichen Hochzeit ihre ’staatlich geschlossene Ehe‘ unter den Segen Gottes stellen und erbitten dafür den Segen in einer kirchlichen Segensfeier.
  • Ein älteres heterosexuelles Paar, beide verwitwet und beziehen beide eine eigene Rente. Aus guten Gründen wollen sie staatlich nicht heiraten, um ihre eigenen Rentenansprüche in voller Höhe zu erhalten; sie entscheiden sich auch gegen eine neuerliche kirchliche Trauung. Aber da sie religiös aktiv sind und am Gemeindeleben teilnehmen, bitten sie ‚vor Ort‘ um eine Segnung ihrer neuen Lebenspartnerschaft.

Dieses sind nur drei fiktive aber sicherlich nicht unrealistische Situationen, wo heterosexuelle Paare für ihre Lebenspartnerschaft auch ausserhalb einer kirchlichen Eheschließung um eine Segnung bitten könnten, die ihnen nach dem neuerlichen Dekret weiterhin untersagt bleibt.

Nichts Neues

Dieses Haltung der katholischen Kirche ist eigentlich nichts neues, wird aber in heutiger Zeit nur noch selten vom Vatikan so klar zum Ausdruck gebracht.

Wenn wir einige Jahrzehnte zurück denken, dann fallen uns sicherlich genügend Beispiele ein, wo Priester in der Predigt noch über die ‚Unzüchtigkeit einer wilden Ehe‘ gewettert haben.
Damals wurde noch lautstark verkündet, dass Sex ausserhalb einer kirchlich geschlossenen Ehe nicht erlaubt und deshalb auch eine Sünde sei.

Doch die gelebte Realität in Kirche und Gesellschaft hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass diese Haltung zwar faktisch nicht aufgehoben wurde, aber gepredigt wird darüber quasi kaum mehr in regulären Gemeindegottesdiensten.

Man darf spekulieren, warum?

Vielleicht, weil ‚man‘ eingesehen hat, dass man mit dieser Haltung bei den Menschen keinen Blumentopf mehr gewinnen kann?
Vielleicht, weil man – zu Recht – befürchtet, dass diese Menschen der Kirche dann auch noch von der Fahne gehen?

Auf alle Fälle wird dieses Verbot im Hinblick auf heterosexuelle Paare nicht mehr so hoch an die Glocke gehängt, wenn überhaupt noch.

Doch bei Minderheiten, bei denen auch in höheren Kirchenkreisen immer noch eine fundamentale Homosexualitätsfeindlichkeit gibt, bei denen meint man, sich eine solche Haltung – die ebenfalls auch hier völlig an der Realität vorbei geht – immer noch leisten zu können.

Offenbar sind auch diese Zeiten vorbei.

Ja, deshalb hat Erik Flügge wahrlich genügend Grund, die Positionierung von heterosexuellen Personenkreisen in unserer Kirche gegenüber diesem Dekret, zu erwähnen und gutzuheißen.

Den heterosexuellen Menschen in unserer Kirche muss nämlich dabei zugleich klar sein, dass sie sich in dieser Frage nicht nur „für die homosexuellen Schwestern und Brüder“ in unserer Kirche einsetzen, sondern in weiten Teilen auch für sich selber!
Denn viele heterosexuelle Schwestern und Brüder sind in diesem Segnungsverbot in gleicher Weise betroffen!

In diesen Tagen zeigt sich, dass ungeachtet der eigenen Sexualität (Heterosexualität oder LGBTQ+), hier eine Frage zur Debatte steht, die eben nicht nur die eigene Sexualität betrifft, sondern alle partnerschaftlichen, auf Liebe und Dauer angelegte Lebensformen, die nicht in einer sakramentale Ehe münden (können).


Bilder: www.pixabay.com und www.unsplash.com