Ballast abwerfen – frei sein

… zur Nachfolge Christi

Lesungstext: Lukas 14,25–33

Das heutige Evangelium wirkt auf den ersten Blick wie ein Widerspruch.
Im Alten Testament heißt es: „Du sollst Vater und Mutter ehren“.
Jesus hingegen spricht: „Wer Vater und Mutter nicht gering achtet, kann nicht mein Jünger sein.“
Wie passt das zusammen?

Jesus provoziert mit seinen Worten. Er will deutlich machen: Nachfolge bedeutet nicht, das zu tun, „was man eben so macht“.
Nachfolge Christi bedeutet, tiefer zu fragen:
Was ist der Sinn?
Was trägt?
Was ist wirklich wichtig?

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Wenn Jesus davon spricht, alles aufzugeben, was wir besitzen, dann geht es nicht nur um Geld, Häuser oder materielle Dinge.
Das deutsche Wort „haben“ hat eine Nähe zum lateinischen habitus. Damit ist nicht nur Besitz gemeint, sondern auch unsere Gewohnheiten, unsere Vorlieben, unser Verhalten – kurz: die Art, wie wir uns die Welt angeeignet haben.

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Und da spielen Vater und Mutter, Geschwister, Familie eine entscheidende Rolle.
Wir hören ja nicht selten: „Du kommst ganz nach deinem Vater“ oder „nach deiner Mutter“.
Vieles, was wir tun und denken, ist uns anerzogen, gehört zu unserem Habitus.
Das ist einerseits wertvoll.
Aber es kann uns auch hindern, wenn es uns blind macht für das, worum es Jesus geht. Denn er stellt die Sinnfrage:

• Macht es Sinn, einen Kranken als Außenseiter abzustempeln?
• Macht es Sinn, einem Hungrigen zu verwehren, am Sabbat ein paar Körner zu pflücken?

Jesus ruft uns zu einer Freiheit, die mehr ist als „ich mache, was ich will“.
Er ruft uns in eine Freiheit, die sich von der Liebe und vom Sinn her bestimmen lässt – auch wenn das im Widerspruch zu Gewohntem steht.

Darum gehört zur Nachfolge nicht nur die Befreiung von Besitz, sondern auch die Befreiung von einem anerzogen, erlernten oder angeeigneten ‚Habitus‘, der uns fesselt.
Es geht darum, bereit zu sein, neu zu denken, neue Wege zu wagen.

Das wird besonders deutlich in den Gleichnissen, die Jesus heute erzählt.

• Wer einen Turm bauen will, muss vorher gut überlegen, ob er die Mittel dafür hat. 
• Wer in den Krieg zieht, muss prüfen, ob er stark genug ist, zu bestehen.

Wir leben in einer Zeit großer Umbrüche – persönlich, gesellschaftlich und auch kirchlich.
Liebgewordenes lässt sich nicht einfach festhalten.
Vieles, was einmal selbstverständlich war, ist nicht mehr möglich.
Wenn wir trotzdem so weitermachen wollten wie bisher, würden unsere Vorhaben scheitern.

Darum ist es klüger und weiser, wie Jesus sagt, ehrlich zu prüfen:

• Was geht noch?
• Was können wir leisten?
• Was können wir als Kirche heute verantworten?
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Wenn wir uns diese Fragen stellen, ist das so, als würden wir Ballast abwerfen.
Wir müssen nicht krampfhaft an dem festhalten, was uns eigentlich nur müde macht.
Dann wird Nachfolge nicht zu einem schweren Rucksack, der uns erdrückt.
Sie wird vielmehr zu einem Weg, auf dem wir frei atmen und neu beginnen können – getragen von dem Sinn, den Christus uns schenkt.

Das bedeutet:




Prüfe klug – mit Herz und Sinn

„Prüfet alles und behaltet das Gute“
(1. Thessalonicher 5,21)

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Wie Wind, der durch die Äste weht:
so vieles kommt, so vieles geht.
Gedanken, Worte, laut und still,
doch nicht alles zeigt, was es will!

Drum prüfe klug mit Herz und Sinn,
was bringt dir Frieden, was hat Gewinn? –
Was Wahrheit spricht, was Liebe webt,
was Mut dir schenkt und Hoffnung hebt.

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Das Gute halte fest in dir,
es führt dich nah, zu Gott, zu mir.
Ein Leuchten bleibt, das nicht vergeht,
wenn Liebe still das Leben trägt.

© Gerd A. Wittka, 2025




Leben in Fülle

„ …Der Terminkalender ist manchmal randvoll.
Es gab viel zu tun. Einiges ist geschafft und erledigt worden, Arbeiten fertig gestellt, Herausforderungen gemeistert.
Manchmal einen Augenblick Zeit zur kurzen Pause, dabei schnell ein Brötchen oder Keks heruntergebissen.
Abends dann zuhause: Arbeitspensum okay, aber müde und erschöpft, noch etwas ‚abschädeln‘, um den Tag hinter sich zu lassen und dann ab ins Bett … morgen ist ja auch noch ein Tag…“

Leben in Fülle?!

Ein langes Wochenende steht bevor. Schnell noch einkaufen gehen, sich durch die Gänge des Ladens zwängen. Ich bin nicht die einzige Person. Viele wollen noch – mal eben schnell – alle Besorgungen erledigen. „Vergiss nicht das und das noch einzukaufen“ – schießen die Gedanken durch den Kopf. Dann ab zur Kasse: alle vier Kassen besetzt, davor riesige Schlagen, es ist voll.
Die Waren aufs Kassenband legen – Einkaufswagen randvoll. „Warum das alles aufs Band packen, wenn es am Ende doch wieder runter muss und wieder in den Einkaufswagen?“ – Am Ende: ziemlich viel Geld ausgegeben. Muss zuhause das Budget überprüfen. Einkaufswagen voll – Geldbörse leer!

Leben in Fülle?!



Leben in Fülle! – so zumindest verheißt es Jesus im heutigen Evangelium!

Ich komme ins Nachdenken.

Begriffe sausen mir durch den Kopf: Fülle, voll, große Menge, …

Was meint Jesus? Spricht er von Quantität?
Meint er ein langes Leben, möglichst alt zu werden?

– Dann hat es bei ihm selber nicht so richtig geklappt: mit 33 Jahren schon das irdische Leben beendet.

Hm!

Ich denke weiter drüber nach.

Dann der Gedanke: nicht Quantität, nicht große Menge, sondern Qualität! – Güte, keine zahlenmäßige Menge.
Fülle, die man nicht mit Zahlen beschreiben kann.
Fülle die Bedeutung zum Ausdruck bringt.

Fülle des Lebens = Leben, das sich für mich als bedeutungsvoll herausstellt?! – Ich lasse mich weiter auf diese Gedanken ein.

„Fülle des Lebens!“ also kein Begriff aus der mathematischen Mengenlehre!

(Schüler:innen der 1970er und 1980er Jahre wissen, wovon ich rede!)

Plötzlich dann das geflügelte Wort in meinem Kopf:
Nicht: dem Leben Tage geben, sondern den Tagen Leben geben!

Hört sich klug und weise an! Wie aber geht das?
Wie kann jeder Tag, wie kann mein Leben bedeutungsvoll und sinnvoll sein oder werden?!

Hat Jesus das gemeint? – Wenn ja, dann könnte auch sein zeitlich kurzes irdisches Leben ein „Leben in Fülle“ gewesen sein.

Ich habe das Gefühl: so langsam komme ich auf die Spur!

Da erkenne ich, dass Jesus zu seinen Lebzeiten auch nicht alle kranken Menschen geheilt hat.

Ja, es ist von vielen Heilungsgeschichten die Rede, aber die meisten Kranken, Aussätzigen seiner Zeit werden körperlich ungeheilt geblieben sein. – Das kann ich beklagen. –

Aber es zeigt mir auch: Es ging Jesus nicht darum, ein großes Pensum zu schaffen.
Es ging ihm um die Bedeutung seines Handelns und seiner Predigt für die Sinnfrage.

Die Heilungen waren für den einzelnen Menschen sicherlich wichtig und bedeutsam.
Aber für die Umstehenden waren sie deshalb nicht weniger bedeutsam!

Denn sie erfuhren etwas von Gott, von seinem Wesen von seiner Liebe:
Du bist wichtig! Ich sorge mich um jeden einzelnen von euch!
Ich möchte, dass auch dein Leben gelingt und sinnvoll ist – auch wenn du nur Zuschauer oder Zaungast einer Wunderheilung bist.
Diese Heilung hat auch etwas mit dir und deinem Leben zu tun. Sie enthält eine Botschaft, die auch dich betrifft.
Du bist nicht nur Gaffer eines Geschehens, sondern du bist mit gemeint!

Jetzt suche ich nach konkreten Beispielen. Was kann das für (m)ein konkretes Leben bedeuten?

Schlagworte blitzen auf:

  • Entschleunigung
  • „Fünfe gerade sein lassen!“
  • Vergiss die Freude nicht!
  • Sich von Situationen fernhalten oder sich entfernen, die mir nicht gut tun, die mir Lebensenergie und Lebensfreude rauben, ohne dass ich etwas zur Veränderung beitragen kann.
  • Mich mit Herausforderungen und Leiden versöhnen zu können, anstatt viel Energie damit zu verbrauche, zu sagen: „Nein, das darf jetzt nicht sein!“. Denn diese Energie fehlt mir dann, mich meiner Situation stellen zu können. (Manchmal ist das Leben in Fülle auch eine Frage von „Effizienz“ von effizienter Einteilung, psychischer, physischer und mentaler Energie!)
  • Körperliche und geistige Vorräte wieder auffüllen, sich Zeit zur Erholung an Leib und Seele nehmen und nicht erst darauf warten, dass sie mir wohlwollend von anderen angeboten werden.
  • Spirituelle, geistliche Erneuerung Raum geben durch Gebet, Meditation, Nachsinnen über Gott. Was möchte mir Gott mit meinem Leben sagen und auf den Weg geben? Wo will er mich zurüsten für mein Leben, das so einzigartig und einmalig ist?
  • einfach nur ‚lieben‘

Eine schöne geistliche Übung ist es, die drei Abschiedsreden Jesu aus dem Johannes-Evangelium (Kapitel 14-16) langsam und bewusst zu lesen.
Aber mit einer kleinen Variation:
immer dort wo „ihr“, „euch“ usw. – also der Plural – steht, durch „du“ und „dich“ ersetzen!
Dann wird aus diesen drei Kapiteln des Johannes-Evangeliums eine wunderbare und große Liebeserklärung Jesu an mich ganz persönlich.

Einfach mal ausprobieren. Es wird ein neues Licht auf unsere persönliche Beziehung zu Jesus Christus werfen!

Es gibt noch so viel Stoff, über dieses Wort „Leben in Fülle“ nachzudenken.

Am Ende dieses Impulses wage ich eine Zusammenfassung, die für uns tagtäglich aufschimmern lassen könnte, was „Leben in Fülle“ auch bedeuten kann.

„Leben in Fülle“ kann heißen, am Ende eines Jeden Tages sagen zu können:

„Dieser Tag war MEIN Tag,
mit allem, was mir widerfahren ist.
Ich habe diesen Tag gelebt
und nehme ihn an als einen Tag MEINES Lebens,
so dass ich ihn abends dankbar
oder zumindest mit Vertrauen
zurück legen kann in Gottes Hand.“

Zum Schluss noch ein Impuls von Frank Greubel aus: Pfarrbriefservice.de –
https://www.pfarrbriefservice.de/file/leben-fulle-0




Verborgen und entdecken

Impuls zum 6. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A

Zitat aus der 2. Lesung ( 1.Korinther 2,6-10 | Einheitsübersetzung 2016 :: ERF Bibleserver ):

„Vielmehr verkünden wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat ….“

Geheimnis

Gerade in der Lesung fiel dieser Satz.

Hier spricht Paulus von einem „Geheimnis“.

Wie ist es bei uns, wenn wir erfahren, dass es hier oder da ein „Geheimnis“ gibt?
Möchten wir das Geheimnis lüften, entdecken, enttarnen?

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Kinder leben auf eine ganz besondere Weise mit Geheimnissen. Sie haben oft eine natürliche Neugier, hinter alles zu kommen, was ihnen rätselhaft ist. Das ist natürlich, denn Kinder – so erzählte es mir mal eine Kinderpsychologin – wollen und müssen ihre Welt entdecken, damit sie sie begreifen können, manchmal buchstäblich und handfest und manchmal auch geistig-intellektuell. Nur so kann sich ein Kind entwickeln und seine eigene Persönlichkeit.

Entdeckungen und Erkenntnisse machen also uns Menschen aus.

Und jetzt hier, spricht Paulus von einem Geheimnis.

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Wollen wir dahinter kommen?
Wollen wir weiter wachsen und verstehen, wie das mit Gott und er in unserem Leben ist?

In der Begleitung von Menschen, besonders kranken Menschen, die selber von sich sagen, dass sie einen religiösen Hintergrund haben, stoßen wir im Gespräch manchmal darauf, dass Gott doch so oft nicht begreifbar ist. Wir verstehen nicht, warum unser Leben so ist, wie es verläuft.

Das gilt aber nicht nur in Zeiten der Krise. Es gibt ja auch erfreuliche Hochzeiten in unserem Leben. Da entdecken wir voller Freude und Verwunderung, was uns alles widerfährt, auch an Gutem, an Freude, an Liebe, an Erkenntnis und Erfahrungen, an Glück.

Und egal von welchem Ende wir uns dieser Frage nähern, was Gott mit uns im Schilde führt, wir werden meist nicht dahinterkommen.

Antworten, die wir darauf finden, sind sehr unterschiedlich und individuell … und manchmal auch nicht von langer Dauer, vorübergehend.

Eine Antwort eines Menschen auf frohe und glückliche Zeiten war, dass er sie aufnehme, sich davon beschenken ließe, damit er von ihnen in den Zeiten zehren kann, wo das Leben nicht so leicht mit ihm spielt.

Andere hangeln sich mit anderen Erklärungen und Deutungen durchs Leben.
Manchen erscheint ihr Leben im Licht des Glaubens an einen Gott jedoch als ein nicht entschlüsselbares, verborgenes Geheimnis Gottes.

Egal, wo wir uns – jede und jeder persönlich von uns – gerade in unserem Leben befinden, ob jung oder alt, ob gefestigt im Glauben, oder als Suchende oder gar Zweifelnde: Immer wieder stehen wir vor der Aufgabe, Gott neu zu lernen, ihn und seine vielfältigen Seiten zu ent-decken.

Antworten gebären neue Fragen

Das scheinbar Paradoxe ist aber dann, je mehr wir meinen, ihm auf die Schliche gekommen zu sein, um so mehr Fragen oder Hinterfragungen können aufkommen.

Ein großes Beispiel ist das Lebensbeispiel des großen theologischen Gelehrten Thomas von Aquin. Er hat in seinem Leben meterlange Bände theologischer Traktate verfasst und nannte es selber: Die Summe der Theologie!

Thomas dachte über Gott nach und schrieb, dachte nach und schrieb, schrieb, schrieb …

.. bis er auf einmal zu einer Erkenntnis kam: Die Erkenntnis der Unerkennbarkeit Gottes.

Die Erkenntnis der Unerkennbarkeit Gottes bezeichnet Thomas als die letzte Erkenntnis:

„Das ist das Letzte menschlicher Erkenntnis über Gott, dass man erkennt, dass man Gott nicht kennt“.

Thomas von Aquin

Diese wissende Unwissenheit komme erst „am Ende unserer Erkenntnis“ vor.

Als das bei Thomas von Aquin geschah, war er aber noch nicht am Ende seines Lebens – aber am Ende seines Schreibens angekommen.
Und er hörte auf zu schreiben und widmete sich noch mehr dem Gebet.

So wundert es mich nicht, dass aus seiner Feder auch eines der bekanntesten Anbetungslieder stammt: „Gottheit tief verborgen“.

Da hören wir aus seinem Munde solche Sätze wie: „Gottheit tief verborgen, betend nah ich dir…“ und „Augen, Mund und Hände täuschen sich in dir, doch des Wortes Botschaft offenbart dich mir“

Thomas spricht hier frank und frei, vom bedeutensten Wesen Gottes: der Verborgenheit Gottes.
Sie ist eine Verborgenheit, die dennoch zugleich größte Nähe sein kann.

Das ist für mich immer noch ein unbegreifliches, kaum in Worte zu fassendes Geheimnis unseres Glaubens. Es lässt sich nur durch das Leben tragen, wenn wir die innere Flammes des Glaubens in uns spüren, die die Sehnsucht vorantreibt, dieses verborgene Geheimnis mehr und mehr zu entdecken.

Dazu fand ich einen Text, ein Gedicht, ja ein Gebet, das von einem unbekannten Verfasser stammt und das ich gerne hier weitergeben möchte:

Gott neu lernen

Dich, Gott meines Lebens,
will ich neu lernen,
dich, Geheimnis von allem,
dich tiefster Grund,
dich, Quelle des Lebens.

Gott, öffne dich auf mich hin,
lass mich dich erahnen,
lass mich dich ertasten,
lass mich dich spüren,
du Gott meines Lebens.

Jenseits von Sprache und Denken,
jenseits von Bildern und Worten,
jenseits menschlicher Vorstellungen,
jenseits meiner Wünsche und Ängste
zeige du dich mir.

Gott, öffne mich auf dich hin,
öffne mein Denken und Fühlen,
öffne mein Herz und meine Sinne,
öffne mich ganz dir
und erfülle du mich ganz.

Bild von Anke Sundermeier auf Pixabay

Mach mich wie eine leere Schale
und erfülle mich ganz,
mach mich wie eine offene Hand
und schenke dich mir,
sei mir nahe, Unbegreiflicher.

Dich, Gott meines Lebens,
will ich neu lernen,
dich, Geheimnis von allem,
dich, tiefster Grund,
dich, Gott der Zukunft.

(Verfasser unbekannt)




Sorge, Sorge, Vorsorge ?!

Bild von Wilfried Pohnke auf Pixabay

Impuls zum Evangelium des 18. Sonntags im Jahreskreis – 30./31.7.2022

Immer wieder flattern bei mir Angebote oder Hinweise von Versicherungen rein: „Denken Sie an ausreichenden Versicherungsschutz!“ – „Haben Sie schon genügend für Ihren Ruhestand vorgesorgt?“ usw.

Versicherung und Vorsorge: sicherlich wichtige Themen, wenn wir auf eine mögliche Zukunft blicken.
Ganze Wirtschaftszweige wollen uns glauben machen, dass das mit die wichtigsten Fragen sind: Denkt an die Zukunft!

Wer also nicht das Leben eines Bohême führen möchte, wer sein Leben nicht durch ein scheinbares In-den-Tag-Hinein-Leben führen möchte, wird an diesen Fragen der Zukunftsvorsorge nicht vorbei kommen.

Bild von Tumisu, please consider ☕ Thank you! 🤗 auf Pixabay

Im heutigen Evangelium zeichnet Jesus ein Gleichnis von einem Mann, der seine Zukunftsvorsorge sehr ernst nimmt. Er spart sich vieles fast vom „Munde ab“, in der Hoffnung, dass er es sich dann im Alter gut gehen lassen kann.

Doch wir alle wissen: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! – Wir wissen nicht, was uns die Zukunft bringt.
Statistische Daten über die durchschnittlicher Lebenserwartung sind eben nur relativ und nicht absolut!
Am krassen Beispiel eines viel zu frühen Todes macht Jesus deutlich, wie nutzlos solche Vorsorge schnell werden kann. Allenfalls freuen sich die erbenden Hinterbliebenen.

Das heißt aber nicht, dass Jesus Vorsorge ablehnt.
Genau das Gegenteil ist der Fall.

Er möchte nur unseren Blickwinkel weiten.

Sein Wort: „Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein!“ zeigt, auf welche Dimension er uns aufmerksam machen möchte.
Es gibt für uns eine Zukunft, wo das Irdische keine Bedeutung hat und wo das, was wir hier auf Erden an materieller Vorsorge geleistet haben, vergänglich ist.

Materieller Reichtum allein, auch als Vorsorge, macht nicht wirklich reich, so will Christus uns heute auf den Weg geben.

Die Fülle eines reichen Lebens liegt auch im Nichtmateriellen.

Bild von Ruth Becerro auf Pixabay

Sie liegen darin, dass wir uns fragen, was unserem Leben tieferen Sinn gibt?
Sie liegt darin, dass wir eine Fülle des Lebens finden, die durch erfüllte Beziehungen, durch Gemeinschaft und durch Engagement für andere Anliegen bereichert wird, wie z.B. im sozial-caritativen Bereich oder in den Bereichen von Naturschutz, Engagement für Kunst, Kultur und Sport oder Politik oder anderswo …

Überall, wo Menschen den Mehrwert eines erfüllten menschlichen Lebens entdecken und sich womöglich auch dort engagieren (soweit es in ihrer Kraft steht), da kann der Mensch reich werden vor Gott.

Noch ein anderer Aspekt könnte uns helfen.

Es gibt so Vieles, was uns bewirbt, weil uns suggeriert wird, es sei wichtig für unser Leben.
Aber wenn man genauer und kritischer hinschaut, sind diese Dinge das, was in dem Roman von Michael Ende: „MOMO“ die grauen Männer sind, die sich selber als „Agenten der Zeitsparkasse“ bezeichnen, aber in Wirklichkeit Zeitdiebe sind, die einem nehmen, was man niemals mehr wiederbekommen wird: Lebenszeit.

Lebenszeit kann man nicht ansparen. Und alles Sinnvolle, was man mit seiner Lebenszeit machen kann, kann man eigentlich nicht verschieben. Denn das Verschieben birgt die Gefahr, dass man es verliert.

Aber wir können unser Leben verwarten, weil wir sagen: „Später!“ oder „Morgen!“ oder „Wenn ich in Rente bin…“

Doch das Leben findet immer nur im Jetzt statt.
Das frühere Leben: es war und kommt nicht mehr wieder.
Das zukünftige Leben: es ist noch nicht und könnte auch nicht sein. Es kommt also auf das Heute an.

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Zwei neuere geistliche Lieder fassen dies sehr gut in Worte:
„ Die Zeit zu beginnen ist jetzt, der Ort für den Anfang ist hier…. Hier und Jetzt, Hier und Jetzt“ oder auch das Lied: „Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde, heute wird getan oder auch vertan, worauf es ankommt, wenn ER kommt…“

Eine alte Botschaft, die an Aktualität nichts verloren hat.