In einer Begegnung mit Seminaristen hat Papst Leo XIV. auf zwei wichtige Aspekte hingewiesen, die mir im Laufe meines priesterlichen Lebens immer wichtiger geworden sind: Christusfreundschaft vertiefen und die Beziehung zur Heiligen Geistkraft pflegen.
Theologische Bildung ist ein wesentliches Element der Priesterausbildung. Angesichts der täglichen Herausforderungen im konkreten Dienst und auch beim Blick auf die Veränderungen in Kirche und Gesellschaft gibt es mindestens noch zwei ebenso wichtige Säulen, die in der priesterlichen Existenz nötig sind: Die Vertiefung der Christusfreundschaft und die intensive Beziehungspflege zur Heiligen Geistkraft.
Deshalb bin ich froh und dankbar, dass Papst Leo XIV. genau auch diese beiden Aspekte bei der Begegnung mit Seminaristen in diesen Tagen beton hat.
Sicherlich werden einige innerlich zusammenzucken, wenn sie den Titel dieses Beitrags lesen. Okay, zusammenzucken darf man, aber dann bitte sich auch die Gelegenheit nicht nehmen lassen, darüber in Ruhe mal nachzudenken.
Ich jedenfalls habe es getan, als ich heute Morgen folgendes Zitat fand:
„Ohne Gebet und Mystik wird Politik schnell unerbittlich und barbarisch …“ Edward Schillebeeckx (1914-2009), belgischer Dominikaner und römisch-katholischer Theologe, zitiert nach „TE DEUM“, Ausgabe Januar 2025, S. 113
Politik und Gebet
Betende Politiker:innen – sind sie uns bekannt? Nein, ich meine jetzt nicht jene heuchlerischen Politiker:innen, die sich gerne in Kirchen, Moscheen oder Synagogen ablichten lassen, womöglich noch bei einer Teilnahme an Gottesdiensten, aber zugleich menschenmordende Kriege beginnen und anderen Menschen, Völkern und Nationen ihr Existenzrecht absprechen. Ich meine jene Politiker:innen, die als solche aktiv und mitgestaltend tätig sind, aber zugleich in ihrem Leben, mitunter auch recht persönlich, das persönliche und/oder öffentliche Gebet pflegen.
Ich meine jene, die nicht immer nur das sprichwörtliche „Herr, Herr, ….“ in den Mund nehmen, wie es schon Christus in Mt 7, 21 kritisiert:
„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“
Matthäus-Evangelium, Kapitel 7 Vers 21
Sondern ich meine jene Politiker:innen, die wirklich versuchen, aus ihrem Glauben her Politik zu gestalten, die ihr Leben und Handeln, sowohl das persönliche wie das politische Handeln, bereit sind, auf dem Hintergrund ihres Glaubens kritisch zu hinterfragen, zu gestalten und zu leben.
Kennst du solche Politiker:innen? Wenn du sie nicht kennst, ist das auch kein Indiz dafür, dass es sie nicht gibt. Denn diese Sorte von Politiker:innen machen häufig kein großes Aufheben um ihren Glauben. Man muss sie vielleicht schon persönlicher kennen, um zu wissen, welche Rolle ihr Glaube in ihrem Leben und ihrem politischen Wirken spielt.
Es ist die persönliche Offenheit, in ihrem Leben und persönlichen wie beruflichen Alltag die religiöse Frage mit einfließen zu lassen, ohne aber andere damit indoktrinieren zu wollen. Der Glaube wird für sie zu einem Entscheidungs- und Gestaltungsfaktors ihres Lebens, welches einher geht mit einer persönlichen Gottesbeziehung, die ihren Ausdruck im persönlichen wie öffentlichen Gebet findet.
Ich denke, an solche Menschen dachte Edward Schillebeeckx.
Die Ansichten solcher Menschen führen nicht zwangsläufig dazu, dass ihre Ansichten von allen oder zumindest vielen geteilt wird. Darum geht es auch nicht zu aller erst. Sondern es geht darum, dass diese Menschen sich und ihr ganzes Leben ins Verhältnis setzen können zu einer ‚höheren Macht‘, denen sie sich verbunden und verantwortlich fühlen und sie zugleich erkennen lässt, dass weltliche Macht begrenzt ist und auch begrenzt sein muss, damit sie wahrhaft human sein kann. Unbegrenzte Machtansprüche führen zum Beispiel zu Unerbitterlichkeit und Barbarei, wie es Schillebeeckx sicherlich gemeint hat. Und solche Politiker:innen kennen wir – Gott sei’s geklagt – leider auch in unserer Zeit zuhauf.
Wir dürfen uns – wie ich finde – glücklich schätzen, wenn wir jedoch auch Politiker:innen finden, vielleicht sogar kennen, für die Glaube, Spiritualität und persönliches wie öffentliches Gebet zu ihrem Leben dazu gehören und die aus diesem Bewusstsein zu leben und zu wirken versuchen.
Ich denke, einer von ihnen ist in diesen Tagen im hohen Alter verstorben: Jimmy Carter, ehemaliger Präsident der USA. Es gibt sie auch nicht so weit von uns entfernt, hier bei uns in Europa, in Deutschland, in NRW, im Ruhrgebiet, … in der Nachbarschaft und in den eigenen Familien- und Freundeskreisen.
Und dafür bin ich dankbar und es hilft mir, ihnen leichter meine politische Macht und Verantwortung als Staatsbürger dieses Landes durch Wahlen an sie zu übertragen.
Kirchweihfest im Jahre 2022
Wie kann man heute noch Kirchweihfest feiern, wenn allenthalben Kirchen geschlossen werden und unsere Kirche von Skandalen in ihren Grundfesten erschüttert werden? Ein Impuls zu einem gestrigen Kirchweihfest einer Kirche in Oberhausen-Schmachtendorf.
Kirchweihfest, heute, an diesem Sonntag in St. Josef. Kein wirklich üppiges Fest – Gemeindefest wurde ja schon vor einigen Wochen, vor den Ferien gefeiert.
Kirchweihfest – In Zeiten, wo Kirchen geschlossen werden, schon etwas besonders. Diese Kirche scheint ‚gerettet‘ – A-Standort. Dafür gibt es viele gute Gründe.
Aber der A-Standort sagt nichts darüber aus, was Kirche St. Josef heute ist. A-Standort ist mehr eine Festlegung auf die Zukunft hin.
Die Verantwortlichen haben sich gedacht: hier, an diesem Ort, könnte sich eine Vision von Kirche der Zukunft entwickeln, gerade in diesem Ortsteil, der so vielfältig ist, wo die Menschen wohnen, zur Arbeit oder zur Schule gehen, aber auch ihre Ärzte aufsuchen, ihre Blumen kaufen und Autos auftanken. Hier in Schmachtendorf gibt es eigentlich die ganze Bandbreite gesellschaftlichen Lebens und Zusammenlebens. Da – so die Überzeugung unseres Bischofs – darf auch unsere Kirche nicht fehlen.
Ein Grund warum St. Josef A-Standort ist. Aber kein Grund, sich auszuruhen, so nach dem Motto: „Der Kelch ist an uns noch einmal vorüber gegangen.“
Kirchweihfest 2022 in St. Josef bedeutet – nicht nur für die Menschen hier aus St. Josef sondern in der ganzen Pfarrei – diesen Standort weiter zu entwickeln, Visionen in Handlungen umzusetzen. Einen Ort den Menschen in der heutigen Zeit zur Verfügung zu stellen, wo sie zur Ruhe kommen, ausruhen, geistlich auftanken und beten können.
Kirchweihfest bezieht sich zwar auf dieses Gebäude aus Steinen. Aber ich denke, dass dieses Fest angesichts der derzeitigen Situation in unserer Kirche deutlicher umgedeutet werden muss auf die Kirche, die aus ‚lebendigen Steinen erbaut‘ ist.
Und dann hält das heutige Evangelium nämlich auch zu diesem Kirchweihfest eine wichtige Botschaft bereit: Kirche ist die Gemeinschaft derer, die sich immer wieder zu Füßen Jesu setzt, ganz bewusst und auch als Gemeinschaft und sich von ihm her inspirieren lässt um dann zu anderer Zeit deutlich zu machen, dass Kirche sich nicht sich selbst genügen kann, sondern eine Kirche mitten unter den Menschen ist.
So gewinnt unsere Kirche aus lebendigen Stein vor Ort hier in Schmachtendorf und für die Menschen in Schmachtendorf eine neue, ganz konkrete Bedeutung.
Nachbemerkung:
Als der Organist, der gestern Abend Dienst tat, vorschlug, am Ende des Gottesdienstes das sehr triumphalistische Lied: „Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land …“ singen zu lassen, habe ich ihn gebeten, auf dieses Lied zu verzichten. Angesichts der derzeitigen Lage in der Kirche mit den noch immer mangelhaft aufgearbeiteten Missbrauchsfällen sexualisierter Gewalt, halte ich solche Lieder für fehl am Platze.
Ja, ich schreibe es ganz offen: heute möchte ich mal Werbung machen. Ich möchte werben für einen wirklich guten geistlichen Begleiter, der mich schon seit vielen, vielen Jahren treu begleitet. Er gibt mir jeden Tag Struktur und zumeist auch wirklich gute geistliche Impulse für den Tag.
‚Er‘ ist eigentlich ein ‚es‘. Es handelt sich nämlich dabei um die Monatsschrift
Te Deum – Das Stundengebet im Alltag
Herausgegeben wird diese Monatsschrift von der Benediktinerabtei Maria Laach und dem Verlag Katholisches Bibelwerk in Verbindung mit der evangelischen Communität Casteller Ring. Jeder Tag lehnt sich an das ‚Stundengebet der Kirche‘ an, ist aber ‚abgespeckt‘, so dass es auch gut für jene zu beten ist, die nicht das klassische Stundengebet vollziehen. Besonders wertvoll sind dabei für mich die jeweiligen kurzen Impulse und Auslegungen zu den Schrifttexten des Tages, sowie eine Fülle bislang nicht gekannter Texte (ob als Hymnus, als Gebet oder Segen oder als ‚Tagesimpuls‘.
An dieser Stelle möchte ich gerne zum Te Deum-Infofolderverlinken. Dort stellen die Herausgeber das Konzept dieses Gebetbuches vor.
Das Te Deum erscheint im Abo in gedruckter Form und wird jeden Monat zur Monatsmitte für den Folgemonat verschickt.
Ich möchte werben für dieses Schriftwerk, weil es mich selber gut durch viele Jahre begleitet und mein theologisches Denken und meine Spiritualität bis auf den heutigen Tag immer wieder neu bereichert.
(Gerd Wittka)
Wer sich nicht gleich für ein Abo (das es auch als Probe-Abo gibt) begeistern kann, kann die Texte für den aktuellen Tag auch jeden Tag neu online abrufen und lesen resp. beten. Dazu einfach den folgenden Link aufrufen: Te Deum täglich online beten.
Sr. Charis Doepgen OSB, eine der Chefredakteur:innen hat auch einen eigenen youtube-Kanal, auf dem man sich zum Beispiel auch das ‚Nachtgebet‘ des jeweiligen Monats anschauen und mitbeten kann:
Ich möchte aus ganzem Herzen diese Monats-Gebets-Zeitschrift empfehlen und versichere an dieser Stelle ausdrücklich, dass sich für diese Empfehlung für mich keine monetären Vorteile ergeben, sprich: ich bekomme dafür keine finanzielle Vergütung oder erhalte auch keine anderen wirtschaftlichen Vorteile. Mein Lohn wäre es, wenn ich durch diese Empfehlung anderen deren geistliches Leben bereichern könnte.
Bleiben Sie behütet.
Sexualität und Spiritualität
“ … und diese Liebe auch …“
Quelle: unsplash.com
Am 29. Mai 2003 – also vor gut 18 Jahren – habe ich auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Homosexualität und Kirche (HuK) im Rahmen des 1. Ökumenischen Kirchentages in Berlin an einer Podiumsdiskussion der Podienreihe: Und diese Liebe auch! – Homsoexuelle und Kirche, mit dem Titel: „„… mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ – Über den Zusammenhang zwischen Sexualität und Spiritualität tauschen sich Menschen unterschiedlicher Sexualität und Spiritualität aus“ teilgenommen.
Heute, im Mai 2021, hängen Rainbow-Flags als Zeichen des Protestes gegen das vatikanische Verbot von Segnungen homosexueller Paare an unzähligen Kirchen der römisch-katholischen Kirche in Deutschland.
Da erinnere ich mich wieder sehr an meine damaligen Ausarbeitungen zum 1. Ökumenischen Kirchentag und an mein Statement bei der Podiumsdiskussion zum Thema:
Sexualität und Spiritualität.
Angesichts der aktuellen Debatte in unserer Kirche möchte ich meine damaligen Abhandlungen heute hier noch einmal dokumentieren.
Sie zeigen nämlich deutlich das Defizit auf, unter dem auch aktuelle Diskussionen über dieses Thema immer noch leiden, nämlich das fehlende Bewusstsein, dass unsere Spiritualität gar nicht ohne unsere je eigene Sexualität möglich ist.
Die Abgrenzung der Sexualität von der Spiritualität hat in der kirchlichen Vergangenheit viel Leid und Diskriminerungen hervorgebracht.
Mit der erneuten Dokumentation meiner damaligen Arbeit möchte ich einen kleinen Beitrag leisten, beide Themenbereiche wieder in den notwendigen und nötigen Zusammenhang zu sehen, zu verstehen und bei allen zukünftigen Überlegungen mit zu berücksichtigen.
Einige Gedanken und Formulierungen, die ich dort vor 18 Jahren getan habe, kann ich heute – nach dem aktuellen Stand der (Gender-)Forschung so nicht mehr aufrechterhalten. Aus historischen Dokumentationszwecken habe ich sie aber beibehalten, doch mit entsprechenden Vermerken versehen.
Quelle: www.pixabay.com
Als erstes dokumentiere ich mein Statement am Beginn der Podiumsdiskussion. Dann liefere ich die mit wissenschaftlichem Apparat versehener Ausarbeitung nach, die natürlich als Grundlage meines Statements anzusehen sind und welches von dieser geprägt wurde.
„Heute habe ich viel zu tun, deswegen muss ich viel beten.“ (Martin Luther)
Seit vielen Jahren begleitet mich dieses Wort von Martin Luther. Mit seinen Worten und auf sein eigenes konkretes Leben bezogen, drückt er aus, was in der „Regula Benedicti“, der Ordensregel des heiligen Benedikt ebenfalls zum Vorschein kommt: „Ora et labora“ = Betet und arbeitet.
Ich bezeichne es für mich als „Harmonie des geistlichen Lebens“ was in der Regel des heiligen Benedikt steht und was auch Martin Luther zu seiner Aussage bewogen hat.
Für mein eigenes geistliches Leben bedeutet dies: die Erfahrung, dass viel zu tun ist, zieht meinen Wunsch, viel zu beten, nach sich.
Dabei spreche ich ausdrücklich von einem „Wunsch“ oder von einem „geistlichen Bedürfnis“.
Der sehr subjektive Satz von Martin Luther sagt mir: es geht hier nicht um eine geistliche Forderung an andere. Es geht hier vielmehr um eine ganz persönliche Äußerung eines Menschen, der mit ganz viel Herzblut und aufgrund einer tiefen Spiritualität um eine Reform der Kirche gerungen hat.
Ich nehme aus diesem Wort Martin Luthers für mich: Die Überzeugung, sich für eine Reform in der Kirche stark zu machen, ist aus einer spirituellen Haltung heraus entstanden. Und sich um diese Reformen zu bemühen, dafür die geistliche, psychische und physische Kraft zu finden, geht für Luther nur, wenn er auch aus der geistlichen Quelle des Gebetes schöpft.
Bevor mein Vater Eduard Wittka 1981 im Alter von 45 Jahren an einen Hirntumor starb, war er viele Jahre vorher schon sehr krank: gezeichnet von vier Operationen am Kopf suchte er – zusammen mit meiner Mutter – Zuflucht und Halt im Glauben.
Er hat damals wiederholt den Marienwallfahrtsort Banneux in Belgien aufgesucht. Natürlich hat er von dort auch Wallfahrtsheftchen mitgebracht. Noch heute erinnere ich mich sehr gut daran, wie die zentrale Botschaft der „schönen Dame“ immer wieder hieß: „Betet viel!“ Um mehr – aber auch um nicht weniger – geht es bei dieser Botschaft: im Gebet nicht nachzulassen, oder wie es in 1. Thessalonicher-Brief in Kapitel 5,17 heißt: „Betet ohne Unterlass!“
Die Marienerscheinungen von Banneux gehen auf das Jahr 1933 zurück. Damals war Europa und die ganze Welt in einer großen Krise. Und die ganz schlichte und eindringliche Botschaft von Banneux lautet: „Betet viel!“ Und die „schöne Dame“ führt die Seherin Mariette zu einer Quelle.
Ob man an Marienerscheinungen glaubt oder nicht: die Botschaft von Banneux lautet: Wenn euch schwere Zeiten oder Krisen in Beschlag nehmen, wenn euer Leben von Sorgen erfüllt ist und ihr um euer Leben sorgt, dann vergesst nicht das Gebet. Das Gebet führt uns zu einer – nie versiegenden – Quelle des Heils, weil wir im Gebet unsere Angewiesenheit auf Gottes Hilfe und Beistand anerkennen, die bei allem segensreichen Wirken und Einsatz in Krisenzeiten not-wendig ist.
Ob in der Krise der Corona-Pandemie, in der Glaubwürdigkeitskrise in der römisch-katholischen Kirche (welche nach Reformen drängt) oder auch in ganz persönlichen Phasen der Herausforderungen und Krisen:
Immer, wenn wir viel zu tun haben und durch die Sorgen und Herausforderungen des Lebens in Beschlag genommen sind, sollte die Quelle des Gebetes nicht versiegen. Denn sie gibt uns Kraft und ermöglicht neues Leben in allen Krisen und Bedrängnissen.
Gottesdienst.zuhause.feiern
Anregungen und Impulse für einen häuslichen Gottesdienst
In diesen Corona-Zeiten können viele Menschen an keinem Gottesdienst in einer Kirche teilnehmen. Aber auch in persönlichen Krankheitszeiten oder wegen der Gebrechlichkeit des Alters ist es oft nicht möglich, eine Kirche aufzusuchen.
Im Rundfunk (Radio und TV) werden gerade auch am Sonntag gut vorbereitete und durchgeführte Gottesdienste angeboten. Diese wechseln in der Regel 14-tägig zwischen evangelischen und röm.-katholischen Gottesdiensten.
Darüber hinaus ist es auch möglich, zu Hause (allein oder mit Familienangehörigen) einen Hausgottesdienst zu feiern.
Mit dem hier verlinkten Gottesdienstvorschlag möchte ich helfen, einen solchen Hausgottesdienst mit einfachsten Mitteln selber zuhause würdig zu gestalten.
Wenn Sie etwas mit meinem Vorschlag anfangen konnten oder wenn Sie mir eine Rückmeldung geben wollen, bin ich Ihnen dafür sehr dankbar.
oder: die eigene kritische Haltung bei wohlmeinender Literatur nicht an der Garderobe abgeben!
Auch ich brauche (geistliche) Impulse
Als Seelsorger, geistlicher Begleiter und Priester bin ich auch immer wieder auf geistliche Impulse und geistliche Begleitung angewiesen.
Dies schreibe ich deshalb gleich zu Beginn, weil ich der tiefsten Überzeugung bin, dass niemand zu Lebzeiten geistlich vollendet sein wird. Denn ich meine, das der eigene geistliche Weg engstens mit der eigenen Lebensgeschichte verwoben ist, also auch mit all ihren Höhen und Tiefen, mit ihren starken und schwachen Phasen.
Und so fand ich vor einigen Wochen ein Buch, dessen Titel mich sehr ansprach, weil es offensichtlich auch „meine“ Themen in den Blick nahm.
Es ist das Buch von Ronald Rolheiser, Beten – Offen werden für Gott, erschienen im Herder-Verlag 2013
Doch leider verließ mich schon auf den ersten Seiten die Motivation, dieses Buch weiterzulesen; es verließ mich auch auf diesen ersten Seiten schon die Hoffnung, dass dieses Buch mir auf der Suche MEINES geistlichen Lebensweges wertvoller Impulsgeber sein könnte.
Warum? Das will ich hier darlegen …
Was erwarten Sie?
Oder: ich warte noch etwas, bevor ich meine Gedanken darlege und frage Sie unumwunden: Was würden Sie von einem solchen Buch erwarten? Welche Voraussetzungen müsste es mitbringen, dass Sie sich angesprochen und gemeint fühlen?
…
Ich würde annehmen, dass Sie sich und Ihre eigene Lebenssituation irgendwie wiederfinden wollen. Dieses Buch sollte Ihnen in Ihrer ganz konkreten Lebensituation Impuls geben, die Sie aufgreifen und weiterdenken können, um Ihren eigenen geistlichen Weg finden und gehen zu können.
Schubladen-Denken
Das wiederum bedeutet: – Das Buch muss sich zurückhalten bei Einredungen – Es darf nicht nur so von ‚Setzungen‘ wimmeln. Damit meine ich unbewiesene oder auch unbegründete Behauptungen in den Raum zu stellen, die dann als Basis für weitere Gedankengänge genutzt werden. – Das Buch muss Offenheit und Weite ausstrahlen. Gerade diesen Aspekt nimmt der deutsche Titel des Buches auf: „OFFEN werden für Gott“. Im englischen Originaltitel heißt es: „Prayer – our deepest longing“! (übersetzt: „Gebet – unsere tiefstes Sehnsucht“). Offenheit und Respekt davor, dass jedeR seinen/ihren eigenen spirituellen Weg finden muss, ist Grundlage einer geistlichen Begleitung, die das menschliche Individuum als Ebenbild Gottes ernst nimmt.
Doch genau da beginnt schon das „Problem“ dieses Buches.
Bereits die ersten Seiten wimmeln nur so vor Formulierungen, die in mir das Gefühl zurück lassen, dass der Autor (s)eine Definition von Welt und Wirklichkeit setzen will, auf die er dann seine weiteren Gedanken aufbaut.
Dabei stellt er diese Definition(en) so allgemeinverbindlich dar, dass man meinen muss, dass sie auch allgemeingültig sind. Sind sie aber nicht! Sie sind allenfalls die Meinung, die Auffassung, das Dafürhalten einer Welt, wie sie sich dem Autor subjetiv darstellt.
Ich möchte das an einigen Textbeispielen verdeutlichen:
„Wir leben in einer Welt, die die Realität auf das Stoffliche reduziert hat: auf das, was man empirisch messen, sehen, anfassen, schmecken oder riechen kann. Wir leben in einer Welt des spirituellen Analphabetismus…“ (S. 9)
Stimmt das aber? Oder ist das lediglich verbales Kauderwelsch oder gar eine schlechte Übersetzung aus dem Englischen? Was können wir denn „empirisch riechen“? Verstehen Sie, was der Autor damit meint? Und ist unsere Realität tatsächlich auf das Stoffliche reduziert?
Was ist dann mit der Psychologie, mit den Geisteswissenschaften? Was ist mit solchen Erfahrungen und Wahrnehmungen von Liebe und Hass, von Zuversicht und Hoffnung auf der einen oder Resignation und Perspektivlosigkeit auf der anderen Seite?
Hat der Autor recht, dass wir nur die „stoffliche Realität“ in unserem Leben zulassen?
Ich bin sicher: Nein!
Jeder Mensch, der Zuneigung zu anderen Menschen spürt, auch das, was wir Liebe nennen, lebt zumindest hier schon einmal aus einer nichtstofflichen Realität, die zudem eine nicht zu unterschätzende Rolle in unserem Leben spielt, wenn es um das eigene Glück geht.
„Wir leben in einer Welt des spirituellen Analphabetismus. (…) Wenn nur die Oberfläche zählt, dann ist es schwer, sich verzaubern zu lassen, von Poesie, vom Glauben, von der Liebe.“ (ebd. S. 9)
Was für ein Geschwurbel?! Erst sagt er, dass wir in einer Welt leben, wo das rein Stoffliche gilt. Dann aber erwähnt er ganz selbstverständlich, dass es die Poesie, den Glauben und die Liebe gibt. Wenn es sie gibt, sind sie dann keine Realität?
„Wir haben unsere Sehnsucht trivialisiert, domestiziert. Statt uns nach dem Transzendenten zu sehnen, betäuben wir uns und lenken uns ab, indem wir unsere Sehnsüchte auf das „gute Leben“ ausrichten. auf Sex, Geld, Erfolg und all die anderen Dinge, die vermeintlich „jeder hat“.“ (S.10)
Liebe LeserInnen, erkennen Sie sich da wieder? Herr Rolheiser ‚analysiert‘ Sie gerade, Sie und Sie und mich und dich … jedeN LeserIn!
Sie trachten also in Ihrem Leben nach Sex und Geld, Erfolg?! Jetzt würde ich gerne Ihr Gesicht sehen und Ihre Gedanken lesen können! 😉
Entweder, Sie schmunzeln oder lachen lauthals oder Sie ärgern sich jetzt! Beides ist berechtigt.
Ich ärgere mich über einen solchen „Mitbruder“, der mal wieder die Moralkeule schwingt und mal so eben nonchalance uns alle in ein- und dieselbe Schublade steckt!
Vielfalt statt Einfalt!
„Ist es nicht auch jener Theo in uns allen…?“ (Otto Waalkes)
Der Autor präsentiert fröhlich und frei die erste große Schwäche seines Buches gleich zu Beginn, im Vorwort: Mit Pauschalierungen versucht er seine Leserschaft einzunorden; er sagt, was Sache ist … und dabei kennt er doch die wenigsten seiner Leserschaft persönlich.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ja, der Autor darf auch mit Subjektivierungen arbeiten. Ja, er darf von seinen eigenen Erfahrungen ausgehen oder er darf auch Beispiele nennen aus seiner seelsorglichen Praxis. Solche Beispiele können hilfreich sein, insbesondere dann, wenn wir zwischen uns und den Beispielen Übereinstimmungen erkennen, wo wir dann sehr persönlich einsteigen können; aber auch in dem Bewusstsein, dass der/die andere niemals ich sein kann und ich niemals der/die andere bin!
Solche subjektiven Beispiele können Einstiegshilfen sein, an denen sich eine Beobachtung erklären lässt. Sie dürfen aber niemals zur Verallgemeinerung führen, die meistens mit solchen Worten entlarvt werden: „Ihr“, „wir“, „wir alle“ …
Das erinnert mich sehr stark an den Beitrag von Otto Waalkes und seiner „Predigt“ über das Lied „Theo, wir fahr’n nach Lodz“
Wenn Sie jetzt schmunzeln können, aber gleichzeitig etwas von dieser von Otto überzogenen Haltung in manchen Äußerungen von Predigern unserer heutigen Zeit wieder finden, dann nicht zu unrecht. Der Autor Rolheiser verfällt in diesen pseudopastoralen Habitus, der sich eigentlich verbietet. Denn es geht ihm hier ja nicht darum, dass er sich mit seiner Leserschaft solidarisiert, sondern er normiert sie.
Eine solche Normierung verbietet sich auch in der geistlichen Impulsgebung.
Das Beispiel Jesu
Wenn Sie Zeugnisse und Beispiele aus der Bibel brauchen, dann schlagen Sie einfach nur die Stellen auf, wo es zu Begegnungen zwischen Jesus und den Menschen kommt, die nicht selten buchstäblich heilsam sind. Sie sind deshalb heilsam, weil Jesus sich auf die je eigene Geschichte und auf das je eigene Bedürfnis der Menschen einlässt, denen er begegnet.
Wir sind so verschieden …!
In den Texten des 06. Juli 2020 der Reihe „Te Deum“ fand ich als Ora-et-labora-Gedanken für den Tag folgenden Text:
Die Heilung wurde nicht durch Jesus „an und für sich“ möglich, sondern durch Jesus in Beziehung. Heilen und die Intimität, die es begründet, ist ein gegenseitiger Prozess, in dem der Heilende vom Geheilten ergriffen wird.“ ( Carter Heyward, * 1945, us-amerikanische feministische Theologin und Pfarrerin)
Wenn wir nach geistlichen Impulsen in unserem Leben suchen, oder wenn wir selbst geistliche Impulse geben wollen, dann ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass der geistliche Weg ein individueller Weg ist und das geistliche Begleitung diese Individualität immer wieder berücksichtigt und respektiert.
Ich für meinen Teil werde noch weiter in diesen Buch – kritisch – lesen, aber ich habe keine große Hoffnung mehr, dass ich dort von einer Quelle trinken werde, die mir wirkliche geistliche Nahrung wird.
Aber: wer weiß! Denn: Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade!