OSTERN.GEGEN.MACHT

Bild: KI

Wie werden Sie dieses Jahr Ostern feiern?
Ist es für Sie eine Art Frühlingsfest, auch wenn es in diesem Jahr noch kalt sein könnte?
Feiern Sie Ostern mit seinem christlichen Hintergrund als das Fest der Auferstehung?
Denken Sie, dass Auferstehung nur etwas mit dem Leben nach dem Tod zu tun hat?



Ich habe für mich in den letzten Jahren gefunden, dass Ostern eine wichtige Botschaft für dieses irdische Leben bereit hält, nicht erst jenseits unserer irdischen Lebens.
Denn wie wollte ich an eine christliche Botschaft der Auferstehung glauben, wenn diese nicht schon hier stattfinden kann und wird?!

Auferstehung von den Toten hat für mich viel mit meinem Glauben an Erlösung zu tun:
Erlösung von all dem, wodurch mein Leben gefährdet ist, was meine Lebendigkeit behindert oder sie sogar bedroht ist bis hin zum Gefühl, dass ‚das Leben an mir vorbei geht‘.

Ostern ist für mich der Aufbruch ins Leben, manchmal auch in ein ganz anderes, neues Leben – jenseits meiner bisherigen Vorstellungskraft; jenseits dessen, was ich mir bisher an Lebensmöglichkeiten zu denken und zu leben versagt habe.
Ostern ist für mich die Ermutigung in ein Leben, dass uns wirklich lebendig sein lässt.

Somit ist die Botschaft von Ostern auch eine Botschaft gegen die eigene vermeintliche Ohnmacht.
Es ist eine Botschaft, die mir neue Möglichkeiten eröffnen will.

Und da darf jede/r von uns schauen, nach welchen neuen Möglichkeiten unser eigenes Leben drängt.
Doch damit das neue Leben beginnen kann, muss das ‚alte‘ = bisherige Leben vielleicht erst ‚sterben‘ und sterben können und dürfen.

Dieser Glaube ist aber nicht in jedermanns Sinne.
Denn: Ostern ist zugleich ‚gefährlich‘!
Ostern kann nämlich den Mächtigen Angst machen, weil an Ostern Christus „die Ketten des Todes zerbrach“, wie es im ‚Exsultet‘ der Osternacht gesungen wird.
Da, wo andere unsere Lebendigkeit wie in einem Grab zumauern wollen, bricht Ostern dieses Grab auf, so dass wir wieder ins Leben treten können.

Auferstehung und Himmelfahrt*, Bild: Gerd Wittka mittels KI , März 2024

Ostern hält für uns die Botschaft der Freiheit bereit in allen Fällen, wo wir eingeschränkt, begrenzt oder unfrei sind oder gemacht werden sollen.
Die Wirkung von Ostern kann sein, dass wir aus Mitläufer:innen zu Selbstläufer:innen werden, weil wir unsere Freiheit und Selbständigkeit erkennen und annehmen.

Ostern geschieht nicht nur im Jenseits, sondern bereits Jetzt, wenn wir es nur glauben und es zulassen, unser neues Leben, unseren Aufbruch in eine neue Lebendigkeit!

Stellen Sie sich einmal vor, das hätte Jesus Christus mit seiner Auferstehung für uns auch erreicht?! – Was wäre das ein mächtiges Fest!

Der Auferstandene hält Mahl mit seinen Jüngern, Bild: KI

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein gesegnetes und wirkmächtiges Ostern 2024!
*Bildbetrachtung zu diesem österlichen Bild: in Arbeit




Assistierter Suizid (2)

– ein Thema auch für Christ:innen?!

Bild von Kerstin Riemer auf Pixabay – Fragst du dich, was dieses Bild mit dem Thema zu tun hat? – Lassen dich am Ende des Artikels überraschen …!

Assistierter Suizid

Vor wenigen Tagen ging relativ klanglos eine immens wichtige Debatte im Deutschen Bundestag über die Bühne, die uns alle irgendwie und irgendwann einmal betreffen könnte, ob direkt oder indirekt.
Es ging um die Frage, wie „Assistierter Suizid“ gesetzlich geregelt werden könne.
Dabei lagen zwei unterschiedliche Gesetzesentwürfe vor, die diskutiert und über die auch in getrennten Abstimmungen entschieden wurde. Dabei fand jedoch keiner der beiden Gesetzesentwürfe die erforderliche Mehrheit.

Was ist der Hintergrund, der zu einer solchen Gesetzesinitiative geführt hat?

Einleitung:

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 das 2015 vom Bundestag beschlossene Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ für nichtig erklärt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse „als Ausdruck persönlicher Autonomie ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben.“
Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasse auch die Freiheit, auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Der Gesetzgeber könne die Suizidhilfe regulieren. In dieser Debatte kommt der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) eine wichtige Bedeutung zu.

Was ist Beihilfe zur Selbsttötung als Sterbehilfe?

Die Grundrechte der Verfassung schützen auch die Selbstbestimmung des Menschen. Sie umfasst auch das Recht, sich selbst das Leben zu nehmen. Weil der Suizid also nicht unter Strafe steht, ist an sich nach den allgemeinen Regeln des Strafrechts auch die Beihilfe zur Selbsttötung straflos. Der Sterbewillige selbst nimmt die Handlung vor, die zum Tod führt. Die Beihilfe kann zum Beispiel darin bestehen, die todbringenden Mittel zu besorgen.
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/bundesverfassungsgericht-verbot-der-geschaeftsmaessigen-100.html

Beim Assistierten Suizid geht es nicht darum, dass helfende Personen selber das Mittel verabreichen, sondern es lediglich zur Verfügung stellen, angefangen von der Verschreibung bis hin zur Bereitstellung der Medikamente.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, warnte zu Beginn der Verhandlung im April vor falschen Erwartungen. Es gehe „nicht um die moralische oder politische Beurteilung der Selbsttötung und ihrer Folgen für die Gesellschaft“, sondern „allein um die Reichweite des Freiheitsraums, den das Grundgesetz einer staatlichen Strafdrohung entgegensetzt.“

Die beiden diskutierten Gesetzesentwürfe

Die erste Initiative stammte von 85 Abgeordneten um Lars Castellucci. Ihr Entwurf sah vor, dass die Suizidassistenz weiter grundsätzlich strafbar ist, unter bestimmten Voraussetzungen aber erlaubt wird. Dafür sollte die Person, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen will, volljährig sein, sich mindestens zwei Mal von einem Facharzt für Psychiatrie untersuchen lassen und ein Beratungsgespräch absolvieren. Der Geist dieses Regelung ist vergleichbar mit der geltenden Regelung zum § 218 StGB, welches den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich unter Strafe stellt, diese Tat aber unter bestimmten Voraussetzungen strafrechtlich nicht verfolgt wird.

Die zweite Gesetzesinitiative griff den Gedanken des Bundesverfassungsgerichtes auf, dass betont hatte, dass es ein Recht auf selbst bestimmtes Sterben gäbe.
Wenn es also dieses Grundrecht gäbe – so diese Initiative weiter – wäre es rechtlich widersinnig, dieses Recht im Zusammenhang mit der Strafgesetzgebung zu regeln.
Im Gesetzentwurf hieß es: „Jeder darf einem anderen, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben eigenhändig beenden möchte, auf dessen Wunsch Hilfe zur Selbsttötung leisten und ihn bis zum Eintritt des Todes begleiten.“

Beiden Gesetzesentwürfe betonen zugleich, dass das Thema „Suizidvermeidung“ auf alle Fälle einen sehr hohen Stellenwert hat. Deshalb hat sich eine große Mehrheit von 688 Abgeordneten für einen Gesetzentwurf zur Suizidprävention ausgesprochen.


[Meinungsbild in der Gottesdienstgemeinschaft:

  • Haben Sie diese Debatte wahrgenommen?
    • Haben Sie den Unterschied zwischen beiden Gesetzesentwürfen gekannt?
    • Wer von Ihnen hat die Debatte verfolgt und ist der Auffassung, diese rechtlichen Unterschiede verstanden zu haben? • Wer von Ihnen hat gesellschaftliche Diskussionen um dieses Thema wahrgenommen oder sogar persönlich daran teilgenommen?
    • Wem ist dieses Thema in innerkirchlichen Diskussionen in jüngster Zeit begegnet und hat die innerkirchliche Diskussion verfolgt? • Wer meint, dass unsere Kirche genügend über dieses Thema diskutiert, sowohl in den eigenen Reihen wie in unserer Gesellschaft? • Wer meint, dass unsere Kirche und unsere Pfarreien sich viel stärker mit dieser Thematik beschäftigen muss?]

Meine seelsorgliche Sorge bei diesem Thema

Wir alle – ohne Ausnahme – können in die Situation kommen, dass wir uns Gedanken machen, wie wir sterben wollen.
In diesem Zusammenhang kann dann die Frage, ob „Assistierter Suizid“ für uns selber eine Option ist, aufkommen.

Warum von mir heute diese Fragen?
Weil mich die Sorge umtreibt, dass wir als Kirche heute zu wenig bei den Menschen und den wirklich wichtigen Fragen der Menschen sind!

(copyright: Gerd Wittka)

Denn es ist ja nicht so, dass unter uns Christ:innen einhelliger Konsens darüber besteht, wie wir mit diesem Thema umgehen wollen.

Viele Fragen und Themen werden in diesem Zusammenhang auftauchen: Welche Haltung nehme ich zu diesem Thema ein?

Ich möchte nur einige Themen und Fragebereiche aufgreifen, die für eine sachgerechte Diskussion und für eine persönliche Positionierung wichtig sein könnten:

1.) Wer entscheidet über mein Leben und meinen Tod?
• Bin ich der Überzeugung, dass Gott der Herr des Lebens ist?
• Wie ist es dann mit der von Gott geschenkten menschlichen Freiheit?
• Wann bin ich herausgefordert, über mein Leben zu bestimmen und wieweit darf meine Selbstbestimmung dabei gehen?
Hier taucht zwangsläufig eine Spannung auf und zwar zwischen den Überzeugungen, dass Gott Herr über Leben und Tod sei und ich von ihm zugleich in Freiheit gesetzt wurde, tatsächlich selber darüber entscheiden zu können.

2.) Was bedeutet für uns Lebensschutz? –
Wo fängt er an und wo hört er auf?
Welche Themen tauchen in diesem Zusammenhang auf?
Ich möchte nur einige nennen:

• Lebensschutz von Anfang an - Lebensschutz des ungeborenen Lebens
• Lebensschutz im staatlichen und gesellschaftlichen Leben: Schutz vor Verfolgung und Diskriminierung, Schutz von Minderheiten, Schutz vor nicht-staatlicher Gewalt und Selbstjustiz, Lebensschutz im Strafvollzug ->'Todesstrafe', Schutz in schwersten Lebensbedrohungen wie Krieg, Unfall, Krankheit, Schutz am Lebensende ...

3.) Welche Rolle spielt das Gewissen bei diesem Thema?
Das II. Vatikanische Konzil hat betont: das menschliche Gewissen ist die „höchste Entscheidungsinstanz“ im menschlichen Leben;
Gott sei hingegen die „höchste Urteilsinstanz“.
Das bedeutet: der Mensch ist im Letzten seinem Gewissen verpflichtet.
Am Ende meiner Tage wird Gott dann über mein Denken und Tun urteilen.

Was bedeutet das also, wenn ich in eine Situation komme, wo ich zu der festen Überzeugung gelangt bin, dass ich mein Leiden nicht mehr erleiden muss und will? – Diese Entscheidungsfreiheit habe ich ja als Mensch, denn diese Freiheit ist mir ebenfalls von Gott gegeben. Wie setze ich diese Freiheit ein? Von welchen Kriterien mache ich meine Gewissensentscheidung abhängig, damit mein Leben vor Gott gerechtfertigt sein wird?

4.)
Wie verhalte ich mich, wenn Angehörige, Freunde, Gemeindemitglieder oder Menschen, die mir anvertraut sind, sich entschieden haben, freiwillig und vorzeitig aus dem Leben zu treten?
Bin ich bereit, liebend und wertschätzend mit Menschen umzugehen, die dieses Thema umtreibt?
Bin ich bereit, ihnen zur Seite zu stehen?
Oder lehne ich es von vornherein ab, offen zu sein für die Begegnung mit Menschen, die sich mit dem assistierten Suizid beschäftigen?
Treibt mich der Gedanke um, sogar mitverantwortlich oder ‚mitschuldig‘ zu werden, wenn ich auch in solchen Lebensphasen ‚bei den Menschen bleibe‘?
Kann ich auch in solchen Situationen die von Gott gegebene Entscheidungsfreiheit respektieren und bejahen?
Wenn ich Menschen, die aus dem Leben treten wollen, nicht zu Seite stehen möchte: welche Gründe gibt es dafür? Welche eigenen Ängste oder Befürchtungen habe ich? Habe ich das Gefühl mitverantwortlich für eine mögliche Entscheidung zu sein?

5.)
Wie halte ich es mit meinem Einsatz für das Leben?
Will ich mir die Mühe machen, Menschen, die aus dem Leben treten wollen, Perspektiven für ein Leben zu eröffnen, sie zu unterstützen und zu begleiten?
Will ich mir die Mühe machen, herauszufinden, welche andere Möglichkeiten es noch gibt, um das Leben nicht selbstbestimmt zu beenden?

6.) Welche Haltung nehme ich selber und für mein eigenes Leben zu diesem Thema ein?

Kann ich mich mit diesem Thema konfrontieren lassen und für mich selber darüber nachdenken, ob das Thema „assistierter Suizid“ auch für mich persönlich zu ein Thema werden könnte, ohne schon jetzt dazu eine abschließende Haltung einzunehmen?
Wage ich es, mich auch emotional diesem Thema zu stellen, selbst wenn ich weiß, dass dieses Thema mich ‚kalt‘ erwischen kann, weil man beim Nachdenken über das eigene Sterben meist nicht ‚cool‘ bleiben kann?
Bin ich bereit, mich umfassend zu informieren, mich mit Menschen über dieses Thema auszutauschen und mein Wissen und meinen geistigen Horizont bei diesem Thema aktiv zu erweitern?

All diese Fragen und noch viel mehr Fragen und Gedanken stehen im Raum, wenn wir uns als Christ:innen und Menschen mit diesem Thema beschäftigen.
Welche Unterstützung bekomme ich, bekommen wir bei diesem Thema durch die Kirche? Wie geht sie mit dieser Problematik um?
Welche Seelsorgende und Gemeindemitglieder sind da, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

Gerade in Zeiten, wo wir einen massiven Mitgliederschwund in der Kirche erfahren;
gerade in Zeiten, wo wir in einer immensen Glaubwürdigkeitskrise als Kirche stecken;
gerade, wo man von Christ:innen und den Kirchen keinen adäquaten Umgang mit solchen elementaren und ethischen Fragen zutraut,
wird es darum gehen, wie wir solche Themen in Kirche und Gesellschaft nach vorne bringen und uns damit beschäftigen.

Ich träume von einer Kirche, die diese Themen umfassend aufgreift, weil sie erkennt, dass es bei diesen Themen in erster Linie um die Menschen geht, die von diesen Themen betroffen sind.

Einladung nach dem Impuls:

Wir stehen heute mit meinem Impuls zu diesem Thema am Anfang einer Beschäftigung damit. Nun möchte ich Sie einladen, vielleicht schon jetzt oder auch später, Fragen oder Gedanken zu benennen, die Sie in diesem Zusammenhang erörtern wollen?
Ich werde sie gerne notierten und in gesonderten Impulsen aufgreifen.
Gerne können Sie mir auch nach diesem Gottesdienst eine Mail dazu schreiben. Alle Anregungen werde ich vertraulich behandeln.


Exkurs:

Ich habe ja versprochen, zu verraten, was das Bild am Anfang mit dem Ginsterstrauch mit unserem heutigen Thema zu tun hat.

Die ‚Antwort‘ findet sich in der Bibel, im Alten Testament im Buch der Könige, in dem es auch um den Propheten Eliah geht.
Dort finden wir in 1.Könige 19,4-5 | Hoffnung für alle :: ERF Bibleserver folgenden Text:

… Allein wanderte er [Elija] einen Tag lang weiter bis tief in die Wüste hinein. Zuletzt ließ er sich unter einen Ginsterstrauch fallen und wünschte, tot zu sein. »HERR, ich kann nicht mehr!«, stöhnte er. »Lass mich sterben! Irgendwann wird es mich sowieso treffen, wie meine Vorfahren. Warum nicht jetzt?«

1.Könige 19,4

Fällt dir was auf?

Das Thema Suizid ist selbst im Alten Testament nicht unbekannt.
Es gibt auch in der Bibel offenbar Situationen, die uns schildern, wie Menschen meinen, dass ihr Leben unter den gegenwärtigen Umständen nun ein Ende finden könnte und sollte.

Und wenn wir weiterlesen, dann achte mal auf die Reaktion des Engels! …
Er hält keinen moralischen Vortrag darüber, ob und inwieweit es ethisch okay ist, sich selber das Leben zu nehmen.
Der Engel macht Elija nur darauf aufmerksam, dass es noch eine Aufgabe für ihn zu erledigen gibt.

Dass der Engel auf das Thema „Sterbewunsch“ und sich aktiv zum Sterben niederzulegen nicht aufgreift, heißt nicht, dass er es gutheißt.
Aber diese Bibelstelle kann uns vor Augen führen, dass das Thema „Sterbewunsch“ und seinem eigenen Leben das Ende zu setzen in der Bibel nicht unbekannt ist.




Sterben für Putins Wahnsinn

Ich möchte gerne einen bemerkenswerte Äußerung unseres Bundeswirtschaftsministers und Vizekanzlers Robert Habeck teilen.

Ich bin früh, dass er eine so deutliche Sprache zu den Verbrechen Putins findet.

https://www.instagram.com/reel/CnM6nXkIMBD/?igshid=YmMyMTA2M2Y=



Wenn aus Hoffnung Glaube wird …

Ansprache am 32. Sonntag im Jahreskreis – C – 2022

Bild von ShonEjai auf Pixabay

Erinnern Sie sich daran, wann Sie das letzte Mal mit jemandem über unseren Glauben an die Auferstehung gesprochen haben, so richtig gesprochen im Alltag?
Erinnern Sie sich, was der Grund dafür war?

Als Krankenhaus-Seelsorger ploppt dieses Thema bei mir immer wieder in der Begegnung mit Patient:innen auf, gerade auch dann, wenn es um die Frage nach dem Ende des eigenen Lebens und den eigenen Tod geht.

„Was kommt danach?“ oder „Glauben Sie persönlich an die Auferstehung?“

Natürlich fordern mich solche Fragen heraus. Es wäre billig, einfach nur zu behaupten, dass ich schon eine sehr klare und persönliche Antwort habe, weil ich ja christlicher Seelsorger und Priester bin.

Natürlich ist die Frage nach der Auferstehung und dem Leben nach dem Tod Dreh- und Angelpunkt meines christlichen Glaubens.

Dennoch antworte ich lieber: „Ich hoffe auf die Aufstehung!“ – Damit erkenne ich an, dass es auch immer noch offene Fragen gibt oder vielleicht sogar ein Fünkchen Zweifel.

Im Erinnerungsgottesdienst am Donnerstag für die Verstorbenen, der an jedem ersten Donnerstag in unserer Pfarrei stattfindet, war die Schriftlesung aus dem Römerbrief, die wir gerade auch als Lesung gehört haben: „…. Darauf können wir zunächst nur hoffen und warten, obwohl wir schon gerettet sind….“

Als berufsmäßiger Verkündiger der Frohen Botschaft fühle ich mich bei diesen Worten des heiligen Paulus gut aufgehoben.
Wenn wir über unseren eigenen Glauben an die Auferstehung sprechen, kommen wir an der Frage des eigenen Sterbens und Todes nicht vorbei, denn Auferstehung gibt es nicht ohne Sterben und Tod.

Kein Wunder also, dass diese Frage schon zu Zeiten Jesu zu theologischen Streitgesprächen geführt hat.

Ich möchte mich heute nicht an diesem Streit aus dem Evangelium abarbeiten.
Ich möchte vielmehr darauf hören, was Jesus den Sadduzäern und somit mir und uns sagt:
Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten.

Welche Antworten und welche Bilder für uns selber hilfreich sind, diese Zusage Jesu zu verinnerlichen, das liegt in unserer Verantwortung.

Ich möchte dazu ermutigen, sich auf die Suche solcher Antworten, Bilder und Gleichnisse zu machen, weil sie unsere Hoffnung nähren auf das, was wir noch nicht sehen, aber uns zuversichtlich darauf warten lassen, dass sich diese Hoffnung erfüllt, wie der Römerbrief sagt.

„spes“ (lat.) = „Hoffnung“ – Bild von falco auf Pixabay

Schauen wir einfach mal nach Bildern oder Gleichnissen, die uns spontan dazu einfallen:

Mir fallen dazu spontan die drei Folgenden ein:

  1. Das Bild von der Raupe und dem Schmetterling. Die Raupe führt ein mühsames Dasein, frisst und schläft und weiß nichts von der zukünftigen Verwandlung. Aber wir ‚wissen‘, was nach dem Ende des Raupendaseins kommen wird.

  1. Der Vergleich mit den Ungeborenen im Mutterleib. Damals, als wir noch im Bauch unserer Mutter waren, wussten und ahnten wir noch nicht, was da kommen würde. Dort, im Bauch, hatten wir alles, was wir zum leben brauchten: Nahrung, Geborgenheit, Fürsorge der Mutter, Schutz …! Dann der schmerzhafte Geburtsvorgang. Doch was danach kam, hätten wir uns in den kühnsten Träumen im Mutterleib nicht vorstellen können. Und heute? – Würden wir wieder zurück wollen in den Leib der Mutter, der damals für uns alles, unsere ganze Welt war?

  1. Oder das Bild vom Haus mit den verschiedenen Zimmern.
    Die einen Zimmer stehen für das Diesseits. Und jene, die sterben, durchschreiten eine weitere Tür in ein anderes, unbekanntes Zimmer, aus dem noch niemand zurück ins alte Zimmer gekommen ist. Aber wir wissen, dass wir alle in dem einen gemeinsamen Haus bleiben, nur halt durch eine Tür getrennt. Und was sich hinter der Tür verborgen hält, wissen wir nicht, sondern können wir nur erahnen.

Ich möchte uns alle ermutigen, solche Bilder und Vergleich zu suchen, die uns helfen, die Hoffnung auf Auferstehung und das ewige Leben in uns wach zu halten und damit zuversichtlich Krisen zu überwinden.

Und dann, eines Tages, werden wir es selber erleben … so, dass aus einer Hoffnung eine Gewissheit werde!




„Fürchte dich nicht …“

Hund vor Wasserwand, Bild von Ulrike Mai auf Pixabay

Schau dir einmal einen Augenblick dieses Bild an: ‚Hund vor Wasserwand‘.



Wir können nüchtern und sachlich dieses Bild betrachten: ein Hund, vielleicht sogar ein wasserliebender Retriever, am Strand … eine Szene, die man hin und wieder selber am Strand beobachten kann.

Wir können es auch emotional auf uns wirken lassen.

Ich denke, bei vielen wird dieses Bild bedrohlich wirken: Was kommt da auf den Hund zu? Die Wand wirkt bedrohlich, größer als der Hund. Wird sie ihm gefährlich werden?

Und wenn wir dieses Bild als Symbol unseres eigenen Lebens verstehen, dann wissen wir, dass es auch bei uns Situationen geben kann, die auf uns zukommen; die größer zu sein scheinen, als wir selbst; wo wir also über uns ‚hinauswachsen‘ müssten, um uns der Situation mutig, vielleicht sogar gelassen stellen zu können.

Wenn du magst, frage dich einen Augenblick selber, welche Situationen oder Zukunftserwartungen das bei dir sind? Was erscheint für dich ‚bedrohlich‘ oder verbindest du mit Gefühlen und Gedanken der Furcht? …

Das eigene Sterben, der eigene Tod …

Spätestens dann, wenn wir uns Gedanken über das eigene Sterben und den eigenen Tod machen, weichen Menschen zurück und blenden dieses Thema aus. Oft auch, weil es wirklich mit Furcht und Bedrohung verbunden ist. Die Angst vor dem eigenen Sterben kann lähmend sein.

Auch ich fühle mich nicht wohl in meiner eigenen Haut, wenn ich über das eigene Sterben nachdenke.
Viel zu lebenswert erscheint mir mein Leben und manchmal denke ich: es sollte nie zuende gehen.

Ja, natürlich weiß ich, dass auch mein Leben enden wird.
Es gibt keinen Menschen, der ewig lebt; auch wenn wir von der ‚ewigen Königin‘ Queen Elizabeth II. sprechen, die in diesen Tagen gestorben ist. Manche Menschen, z.B. die meiner Generation, können sich das Leben ohne sie nicht vorstellen, weil es sie gefühlt schon immer gegeben hat.

Sterbende begleiten kann helfen …

In meiner Tätigkeit als Krankenhaus-Seelsorger habe ich einen gewissen ‚Vorteil‘: immer wieder darf ich sterbende Menschen begleiten.
Erst vor einigen Tagen durfte ich einer Person die Krankensalbung spenden, die sich in der Sterbephase befand, selber nicht mehr sprechen konnte, aber ansprechbar war und durch Kopfbewegungen Zustimmung oder Verneinung signalisieren konnte.

So kam eine sehr interessante Kommunikation zwischen uns zustande (von Gespräch im klassischen Sinne kann man hier nicht sprechen); aber es war deshalb nicht weniger intensiv und kommunikativ. Es kam nur darauf an, wie ich Impulse gesetzt oder Fragen gestellt haben, die es der Person ermöglichten, eine klare Äußerung durch ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ zu signalisieren.

In diesem Dialog kam dann auch das Thema auf ihr eigenes Sterben und es wurde sehr schnell klar, dass diese Person sterben wollte. Sie konnte mir unmissverständlich klarmachen, dass es für sie eigentlich nur diese eine Richtung gab, die sie sich wünschte: möglichst bald und gut sterben zu dürfen.

Für mich gibt es in solchen Begegnungen immer eine gewisse Spannung, und zwar zwischen den überzeugenden und eindeutigen Äußerungen meines Gegenübers, jetzt bereit zu sein zu sterben und meine eigene Verfassung, die noch gar nicht bereit ist, zu sterben.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Erstaunlicherweise betrübt mich aber gar nicht diese Spannung. Vielmehr höre ich von sterbenden Menschen, die sich so sehr den Übergang in die andere Welt wünschen, ihre Botschaft an mich:

Wenn es so weit ist, dann fällt es nicht schwer!

Das ist dann für mich immer sehr faszinierend und zugleich entlastend.
Sterbende Menschen zu begleiten ist dann für mich keine BE-lastung sondern – im Hinblick auf meine eigenen Fragen und Gedanken ans Sterben – oft eine ENT-lastung.

Außenstehende verstehen das oft nicht, weil sie eher der Meinung sind, immer wieder mit dem Sterben anderer Menschen konfrontiert zu sein, würde mein Leben verdunkeln und mich seelisch belasten.

Natürlich spüre ich in solchen Begegnungen auch alles das, was mit Abschied und Trauer in Verbindung gebracht wird. Aber da ich auch da der Überzeugung bin, dass Abschied und Trauer erlernt und überlebt werden kann, sind solche Situationen für mich zwar sehr dichte Situationen, aber deshalb nicht automatisch deprimierend. Auch wenn ich weiß, dass es wirklich fürchterliche Sterbesituationen gibt, die sich jede/r von uns selber vorstellen kann und auf die ich hier nicht sonderlich eingehen muss.

Mir geht es heute nur darum, dass mich sterbende Menschen, die ich begleiten darf, mir selber oft etwas lehren: nämlich, dass das Sterben nicht immer schwer und manchmal sogar recht leicht ist.

Darauf will ich dann hoffen, wenn ich mir selber Gedanken über das eigene Sterben mache.


Gerne lade ich dich ein, mir deine Gedanken mitzuteilen. Und vielleicht kann ich im direkten Austausch ja noch etwas verdeutlichen oder erklären.




Totenkopf als Mode

Skurrilität oder kollektive Verdrängungsstrategie?

Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Solche Modeartikel mit Totenkopfmotiv, womöglich auch voll Glitzer und Glimmer gibt es schon seit etlichen Jahren auf dem Markt.
Ob als Ohr-, Hals- oder Fingerschmuck, ob auf t-shirts, Schuhen oder Taschen: vielfältig ist das Sortiment, das einen Totenkopf ‚ziert‘.

Auseinandersetzung mit der Endlichkeit oder doch nur ‚dead sells‘?



In meiner Tätigkeit als Krankenhaus-Seelsorger erlebe ich immer wieder, wie den Themen Sterben und Tod ausgewichen oder sie verdrängt werden. Das gilt bei der Diagnose einer lebensverkürzenden oder sogar unheilbar tödlich verlaufenden Erkrankung.
Das gilt aber auch für Menschen in allen Lebensphasen.
Ich finde wenig Menschen, die – auch wenn es keine lebensbedrohende Umstände gibt – sich hin und wieder mit dem eigenen Sterben oder Tod beschäftigen.

Aber auf den Straßen sehen wir die vielfältigsten Symbole des Todes auf ‚modischer‘ Kleidung oder auf Freizeitgegenständen.

Bild von Stefan Schweihofer auf Pixabay

Wie passt das zusammen?

Seitdem es dieses Modemotiv flächendeckend gibt, kann ich trotzdem nicht erkennen, dass die Auseinandersetzung mit Sterben und/oder Tod zugenommen hat. Noch immer erschrecken viele Menschen so sehr bei diesen Themen, dass sie ausweichen oder es gar tabuisieren.

Dabei ist der Tag unserer Geburt der erste Tag, der uns dem eigenen Sterben und Tod näher bringt! Klingt krass, ist aber – bei genauer Betrachungsweise – so!

Corona-Schutz-Maske mit Totenkopf-Motiv! Einfach nur unsensibel angesichts der vielen Corona-Toten! - Bild von flockine auf Pixabay
Corona-Schutz-Maske mit Totenkopf-Motiv! Einfach nur unsensibel angesichts der vielen Corona-Toten! – Bild von flockine auf Pixabay

Auch für mich sind diese Themen keine ’schönen‘ Themen; aber wenn ich versuche, ihnen auszuweichen, geht es mir nicht besser und eine Stimme in meinem Kopf fragt mich: ‚Warum? Irgendwann wird es auch dich erwischen!‘

Natürlich habe ich auch keine Lust mich permanent und ständig mit diesen Themen zu beschäftigen. Mit Leichtigkeit und Fröhlichkeit möchte ich auch mein Leben genießen. Und ich liebe es; ich liebe mein Leben so sehr, dass ich auch keine Böcke habe, schon bald diese Erde zu verlassen.

Nur: es wird wohl nicht nach mir gehen.

Gebeinhaus, offenbar mit Toten auch aus den Kriegen - Bild von Wolfgang Sojer auf Pixabay
Gebeinhaus, offenbar mit Toten auch aus den Kriegen – Bild von Wolfgang Sojer auf Pixabay

Also stelle ich mich hin und wieder diesen Themen und schaue, welche Impulse sich für mich daraus für mein Leben ergeben.

Doch gerade, weil diese Themen so existentiell für mich sind, käme es mir nicht in den Sinn, sie leichtfertig für eine oberflächliche Modeinszenierung zu verwenden. Vielleicht liegt es daran, dass es eine gewisse ‚Ehrfurcht‘ vor diesen Themen gibt, die für mich so bedeutsam sind, dass ich sie auf dem Altar der Oberflächlichkeit nicht opfern mag!

Manchmal reizt es mich innerlich, Menschen die Totenkopf-Mode tragen, konkret zu fragen, was Sterben und Tod für sie selbst bedeutet und ob sie – abhängig von ihren Antworten – solche Mode wirklich bewusst tragen?

Aber da ich weiß, dass solche Fragen zu persönlich wären, schreibe ich hier einfach über dieses Thema und jede/r kann für sich selbst entscheiden, ob sie/er sich damit konfrontieren lassen möchte.

Jene aber, die solche Mode tragen, können nun wissen, was Totenkopf-tshirt und Co. bei mir auslösen.