morgen geht die dreiwöchige sogenannte Amazonas-Synode in Rom zu Ende.
Haben Sie davon gehört? Hier wurde beraten, wie die Kirche in Amazonien neue Wege in die Zukunft gehen kann. Das Motto lautet: „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“. Ein Thema war auch, wie die Seelsorge in einem riesigen und schwer zugänglichen Gebiet gesichert werden kann. Zu diesem Themenkomplex gehört auch die Frage der Priesterweihe von verheirateten Männern, aber auch die Zulassung von Frauen zur Diakonen-Weihe.
Dabei sind sich viele darüber einige, dass die Fragen der Kirche in Amazonien in vielen Teilen deckungsgleich sind mit den Fragen der Kirche im Rest der Welt. So wären also Antworten hinsichtlich verheirateter Männer zum Priesteramt oder das Diakonat der Frau auch für die gesamte Weltkirche von Bedeutung.
Derweil zieht in Deutschland die Aktion „Maria 2.0“ immer größere Kreise. Was als Fraueninitiative begonnen hat, erreicht mehr Zustimmung auch bei Männern in der Kirche. Selbst Bischöfe äußern sich mehrheitlich verständnisvoll und unterstützen teilweise die Anliegen von Maria 2.0. Plakativ ausgedrückt geht es dieser Aktion um die Frage nach der Rolle und nach den Rechten der Frau innerhalb der katholischen Kirche. Hier geht es nicht nur – zwar auch – um die Zulassung der Frauen zu den Weiheämtern, sondern um eine Gleichberechtigung der Frauen gegenüber den Männern in der Kirche. Ein Kirchenstreik im Frühjahr hatte dabei große Aufmerksamkeit gefunden, als Frauen eine Woche lang keine Kirche betraten und auch eine Woche lang ihr ehrenamtliches Engagement in der Kirche niederlegten.
Diese beiden aktuellen kirchenpolitischen Ereignisse und die Frage des Umgangs der Kirche im Missbrauchsskandal führt zu vielfältigen Diskussionen in den unterschiedlichsten Kreisen. In den verschiedenen Medien bis in die sogenannten sozialen Medien gibt es viele Diskussionen um diese Themen.
Und hier bei uns in der Pfarrei?
Nu: in Teilen unserer Pfarrei werden Antworten gesucht, wenn es z.B. darum geht, wie das Votum des Pfarreientwicklungsprozesses (kurz „PEP“ genannt) konkret umgesetzt werden muss? Dabei geht es mitunter auch sehr kontrovers zu.
Aber ansonsten habe ich persönlich den Eindruck, dass die gerade skizzierten Fragen z.B. über die Rolle der Frau in der Kirche bei uns in der Pfarrei wenig bis gar nicht vorkommen.
Nur heute Morgen fand – auf Stadtebene – ein ‚gesellschaftspolitisches Frauengespräch‘ statt. Aber auch dort ging es ganz allgemein um die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft. Doch welche Rolle die Frau in der Kirche spielt und auch zukünftig spielen kann, scheint bei uns hier kein Thema zu sein.
Und noch etwas anderes kann man beobachten.
Da, wo die Themen: Zölibat, Zulassung von Verheirateten zum Priesteramt, Diakonen- oder Priesteramt der Frau diskutiert werden, melden sich auch gleich jene zu Wort, die strikt und massiv dagegen sind. Sie begründen ihre Haltung damit, dass die Zulassung der Frauen zu den Weiheämtern nicht mit dem Willen Jesu übereinstimme; dass das gegen die Lehre der Kirche stünde; dass das die Kirche spalten würde.
Manche, die gegen jegliche Veränderung in dieser Hinsicht in der Kirche kämpfen, scheuen sich sogar nicht davor, den anderen vorzuhalten, sie stünden nicht mehr in der Gemeinschaft der katholischen Kirche als Weltkirche; sie seien „nicht mehr katholisch“, sie wollten die Kirche ruinieren. Diese ganzen Diskussionen hätten nur den Zweck, sich dem Zeitgeist anzupassen, und Frauen, die die Zulassung zu den Weiheämtern fordern „ginge es ja nur um die Macht“.
Ihre eigene Haltung sehen sie hingegen als die einzige Möglichkeit an, wie die Zukunft der katholischen Kirche dauerhaft retten könne.
In dieser Diskussion kann man also sehr leicht eine Einteilung entdecken: „Wir hier!“ und „Die da!“
Die am Bisherigen festhalten wollen, verstehen sich oftmals als jene, denen es wirklich um die katholische Kirche ginge, während es den anderen nur darum ginge, zu spalten.
Kontoverse und Dialog
Liebe Schwestern und Brüder, es ist gar nicht schlimm, dass es auch in unserer Kirche unterschiedliche Positionen gibt. Es ist nicht schlimm, dass es jene gibt, die meinen, die bestehenden Verhältnisse in der Kirche wären zukunftsfähig, während es auch jene gibt, die die entgegengesetzte Meinung vertreten.
Schlimm wird es nur, wenn eine Seite beginnt, der anderen ihre Rechtgläubigkeit, ihre Katholizität absprechen zu wollen. Schlimm wird es, wenn man jene, die ebenfalls aus christlicher Überzeugung und aus Liebe zur Kirche nach neuen Wegen suchen.
Schlimm wird es erst recht, wenn die einen meinen, ihre Ansicht sei rechtgläubiger und entspräche mehr der Katholizität, als die Haltung der anderen.
Dann fehlt es nicht viel und wir sprechen wieder lautstark von „Ketzern“, „Häretikern“ und „Abtrünnigen“, und dies nur, um jene, die eine andere Ansicht habe, zu diskreditieren.
Wenn ich dann das heutige Evangelium lese, habe ich den Eindruck, dass das, was Jesus da kritisiert, gar nicht so weit entfernt ist von dem, wie wir heute manchmal in der katholischen Kirche miteinander umgehen.
• Anstatt andere zu diskreditieren, sollten wir lieber offen und tabulos diskutieren.
• Anstatt andere mundtot machen zu wollen, sollten wir lieber miteinander ins Gespräch kommen.
• Anstatt andere zu verteufeln, sollten wir lieber unsere Ebenbildlichkeit Gottes im anderen suchen und erkennen.
• Anstatt zu meinen, dass wir die Kirche verteidigen und retten müssten, sollten wir uns lieber daran erinnern, dass es immer noch die Kirche Jesu Christi ist, zu der er selbst uns berufen hat, und der er zugesagt hat, sie durch den Heiligen Geist zu leiten, bis zu seiner Wiederkunft.
• Anstatt unsere vermeintliche Rechtgläubigkeit vor uns herzutragen, sollten wir in aller Bescheidenheit dankbar sein, dass wir zu Christus gehören, der uns gesandt hat, SEINE frohe und befreiende Botschaft in die Welt zu tragen und den Menschen von heute verständlich zu machen.
Denn nicht aus eigenem Vermögen oder weil wir so toll sind, sondern aus Gnade und göttlicher Berufung sind wir Teil seines mystischen Leibes, der Kirche.
Der ‘Synodale Weg’ der römisch-katholischen Kirche in Deutschland
Letztendlich entscheidend sind die Ergebnisse der MHG-Studie zum Missbrauch im Raum der Kirche. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich in ihrer Vollversammlung in Lingen vom 10. bis 12. März 2019 mit 62 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen für einen gemeinsam mit dem ZdK durchzuführenden „Synodalen Weg“ zur Befassung mit drei Themenkomplexen in Konsequenz der strukturellen Veränderungen als Ergebnis der MHG-Studie zum Missbrauch im Raum der Kirche entschieden. (vgl. https://www.zdk.de/veroeffentlichungen/reden-und-beitraege/detail/Synodaler-Weg-Leitantrag-des-Praesidiums-424e/)
[Die MHG-Studie bezeichnet das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ („MHG-Studie“). Es handelt sich dabei um ein in “…Konsortium aus verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen. Dazu gehören das Zentralinstitut für seelische Gesundheit (Mannheim), das Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg und die Professur für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug an der Universität Gießen. Aus den drei Ortsnamen Mannheim – Heidelberg – Gießen ist die Abkürzung MHG zusammengesetzt.” (vgl. https://www.dbk.de/themen/sexueller-missbrauch/faq-mhg-studie/ )]
Vier Foren werden die Themenkomplexe dieses synodalen Weges bearbeiten. Das sind die Foren:
Macht und Gewaltenteilung in der Kirche
Sexualmoral
Priesterliche Lebensform
Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche
Das ZdK formuliert dabei ganz konkrete Forderungen, die beim synodalen Weg behandelt werden sollen:
Trennung von Exekutive (Gesetzgebung) und Judikative (Rechtsprechung) im Kirchenrecht. Wir fordern eine unabhängige kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit für den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz.
Um eine umfassende Transparenz zu schaffen und der von Papst Franziskus beschriebenen Klerikalisierung entgegenzuwirken ist eine gleichberechtigte Teilhabe von Laien und Geweihten an Leitung von Kirche zu schaffen.
Frauen und Männer in Kirche gleich zu stellen und daher Frauen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern zu gewähren.
Sich aktiv dafür einzusetzen, den Pflichtzölibat abzuschaffen.
In der kirchlichen Sexualmoral die vielfältigen Lebensformen und Lebenswirklichkeiten positiv anzuerkennen.
Entwicklung einheitlicher Standards bei der Ausbildung für den priesterlichen Dienst auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz.
die Verantwortung und Entscheidungskompetenz aller Getauften und Geweihten auf allen Ebenen für die Kirche zu verwirklichen.
Aus den Reihen der Deutschen Bischofskonferenz gibt es aber auch Kritiker zum synodalen Wegen. Unter ihnen der Regensburger Bischof Voderholzer, der sich nur mit Vorbehalt an diesem Weg beteiligen will. vgl. https://www.kirche-und-leben.de/artikel/voderholzer-wirft-synodalem-weg-pseudowissenschaftlichkeit-vor/ Auch der Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki, wird sich nur distanziert am Dialog des synodalen Weges beteiligen. (s.o.)
Synodaler Weg ./. Einheit der Kirche ?
Inhaltlich wird nicht selten von KritikerInnen des synodalen Weges vorgehalten, dass dieser Weg gegen den Einheitsgedanken der römisch-katholischen Kirche stehe.
Dem entgegnet der in Münster lehrende Moraltheologe Daniel Bogner, das dem eine irreführende, unrealistische und weltfremde Vorstellung von Einheit zugrunde liege.
“… „Die Kirche steht mit dem Rücken zur Wand“, erklärte der Moraltheologe. Sie müsse daher auch auf die systemischen Gründe der Missbrauchskrise schauen. Ziel des Synodalen Weges sei nicht, „in erster Linie den Glauben zu neuer Blüte zu führen“. Vielmehr sei er eine Antwort auf die Faktoren, die den Missbrauchsskandal begünstigt hätten.
Bogner findet es nicht verwunderlich, dass es in der Deutschen Bischofskonferenz zum Synodalen Weg auch von der Mehrheit abweichende Voten gibt. „Nur in der Kirche wundert man sich immer, wenn man nicht 100 Prozent Einigkeit hat“, meinte der Theologe. „Es gehört zum Problem der Kirche, dass sie eine Vorstellung von Einheit hat, die irreführend, unrealistisch und weltfremd ist.“
Der Moraltheologe unterstrich, man sollte nicht jede teilkirchliche Bemühung um Aufbruch und Verändern mit dem Totschlag-Argument Weltkirche ausbremsen. Vielmehr könnten die Teilkirchen innovative Vorschläge machen – „anderswo sagt man best practice“ – und innerhalb der Weltkirche sagen: Wir möchten, dass darüber diskutiert wird….” Quelle: https://www.kirche-und-leben.de/artikel/theologe-bestimmte-einheitsvorstellungen-der-kirche-sind-irrefuehrend/
Warum ich persönlich den ‘synodalen Weg’ in Deutschland für unverzichtbar halte:
Den Opfern und Betroffenen von sexueller und spiritueller Gewalt durch kirchliche Mitarbeiter geschuldet.
Der sogenannte “Missbrauchs-Skandal” hat nur das ins öffentliche Bewusstsein und in die öffentliche Diskussion gezerrt, was seit Jahrzehnten, wenn nicht sogar seit Jahrhunderten an Verbrechen geschehen ist. Die Opfer sind im überwiegende Maße Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene. Doch der Kreis der davon Betroffenen geht noch darüber hinaus, denn auch Eltern, Familienangehörige und Freunde dürfen und müssen als Betroffene gelten, wenn sie schuldlos die Opfer nicht in Schutz nehmen konnten und später selbst auch unter großen Schuld- und Versagensgefühlen leiden.
Wie die MHG-Studie zeigen konnte, fällt auf die Kirche und kirchliche Amtsträger große Verantwortung und Schuld, wenn sie Täter geschützt, Opfern nicht geglaubt und eine Strafverfolgung vereitelt haben.
Dieses wurde nicht selten auch begünstigt durch strukturelle Gegebenheiten oder durch ein falsch verstandenes Kirchenbild, nach dem die Kirche nach außen hin gerne ohne Fehl und Makel verkauft wurde.
Die Machtstrukturen in der Kirche, die geprägt sind von Oberen und Untergebenen, von Treue und Gehorsam und deren missbräuchliche Interpretation begünstigten solche Verhaltensweisen, wodurch die Opfer immer wieder und mehrfach auch nach den eigentlichen Taten zu Opfern wurden.
Die fehlende Unterstützung und Hilfeleistung den Opfern gegenüber verschärfte dabei das Leid und die oft auch traumatischen Lebensumstände, unter denen die Opfer über Jahre und Jahrzehnte leben mussten.
Der ‘synodale Weg’ mit seinen Fragen zur Machtstruktur und zu Fragen der Macht- und Gewaltenteilung in der Kirche (auch im Hinblick auf die Gesetzgebung, die Rechtsprechung und die Exekutive) ist ein notwendiger Prozess, um bisherigen Opfern Recht und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und zukünftig eine wirksame Prävention und eine gute Abwehr und wirksame Strafverfolgung zu garantieren.
Das zuvor beschriebene strukturelle Versagen der Kirche, dass auch begünstigt wird durch eine falsch verstandene hierarchisch-verfasste Kirche, ist nur möglich, weil es eine besonders privilegierte Gruppe in der Kirche gibt, die neben dem geistlichen Amt auch noch mit besonderer weltlicher Macht ausgestattet ist.
Wird diese Macht theologisch überhöht, entwickelt sich ein schädlicher Klerikalismus. Diese strukturelle Prägung der Kirche hat nachweislich auch historisch-machtpolitische Ursachen. (vgl. z.B. die Konstantinische Wende).
Dabei wissen wir auch, dass gerade in den Anfängen der Kirche es in breitem Maße Gemeindestrukturen gab, die presbyterial verfasst waren und nicht durch ein Weiheamt (Ordo) mit seinem Anspruch auf apostolische Sukkzession geprägt waren. Der Jakobus-Brief berichtet darüber und diese Schriftstelle hat gerade auch beim Sakrament der Krankensalbung eine herausragende Bedeutung.
Die Rückbesinnung darauf, dass Kirche anfangs nicht nur streng hierarchisch, sondern zugleich auch eine breitere presbyteriale Verfassung kannte, kann uns heute zur theologischen Begründung dienen, diese frühchristliche Kirchenstruktur für eine Kirche der Zukunft wieder zum Recht zu verhelfen.
Aus Respekt und Achtung den Nicht-Klerikern in der Kirche gegenüber als ein vom Heiligen Geist erfüllten Volk Gottes und in der einen, gemeinsamen Sendung.
Jesus Christus hat nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt seinen Jünger*innen einen Beistand zugesagt, der für immer bei ihnen bleiben wird, den Heiligen Geist.
In den Initationssakramenten (Taufe, Eucharistie und Firmung) bekennen wir uns in der Kirche dazu, dass wir alle – als Einzelne und als Kirche als Ganzes – Träger*innen des Heiligen Geistes sind.
Im Vatikanum II wurde daraus auch das Verständnis vom “allgemeinen Priestertum aller Gläubigen” abgeleitet.
So gibt es also in dieser Hinsicht zwischen ordinierten Personen und nicht-geweihten Personen in der Kirche keinen wesentlichen Unterschied, was , denn wir alle sind “Schwestern und Brüder in Christo” (vgl. Matthäus 12, 48-50).
Der wesentliche Unterschied zwischen Weiheamt und Nicht-Klerikern kann aber keine theologische Begründung dafür sein, die Verantwortung für einen ‘synodalen Weg’ allein bei den geweihten Mitgliedern der Kirche anzusiedeln.
Die Mitverantwortung der Laien muss deshalb auch faktisch sein und sich in einer praktischen Mitverantwortung und einem Mitentscheidungsrecht und einer Mitentscheidungspflicht der Laien widerspiegeln. ‘
Dabei ist die Einsicht selbstverständlich, dass gerade aus den Reihen der Laien viele hochqualifzierte und fachkundige Frauen und Männer zu finden sind, die die Kirche gerade auch für ihre geistliche Sendung nötig hat und auf die sie nicht verzichten darf.
Aus Respekt und Achtung vor der Gleichwertigkeit der Frau in Gesellschaft und Kirche.
In Folge der Aufklärung und der europäischen Frauenbewegung des 18. und 19. Jahrhunderts ist in der modernen Welt die Überzeugung entstanden, dass die Frau dem Mann gleichwertig und gleichberechtigt ist. Dies bezieht sich auf alle Bereiche sozialen und politischen Lebens.
Die geschlechtlichen Unterschiede können dabei nicht zu einer Auf- oder Abwertung des einen oder anderen Geschlechts herangeführt werden.
In viele Verfassungen und Gesetzen hat diese Erkenntnis auch rechtsstaatlich ihren Niederschlag gefunden.
Aber in der römisch-katholischen Kirche sind bestimmte Aufgaben nur einer Geschlechtsgruppe – nämlich den männlichen Mitgliedern der römisch-katholischen Kirche – vorbehalten.
Angesichts der Spannung, die Christ*innen in diesem offensichtlichen Widerspruch zwischen gesellschaftlicher und politischer Realität einerseits und kirchlicher Realität andererseits erleben, empfinden sie die Stellung und Rolle der Frau in der Kirche gegenüber ihren männlichen Geschlechtsgenossen zu Recht als diskriminierend.
Notwendigerweise fragen sie sich auch, ob dies irgendwie mit dem Lebenszeugnis und der Lehre Jesu Christi begründet werden kann?
Unter Berücksichtigung der damaligen gesellschaftlichen und politischen Stellung der Frau, die ja auch überwunden wurden, wird man heute mit Fug und Recht nicht mehr behaupten können, Jesus Christus würde auch heute – und den geänderten politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten – an einer nachgeordneten Stellung der Frau gegenüber dem Mann festhalten.
Deshalb sind die Anfragen z.B. der Kampagne “Maria 2.0” in heutiger Zeit zutiefst gerechtfertigt, und die Frauen in der Kirche habe ein Recht darauf, dass ihre derzeitige Rolle und Position in der Kirche hinterfragt und den Realitäten der heutigen Zeit angepasst wird.
Die diversen theologisch-dogmatisch-kritischen Anfragen aus den akademischen Kreisen zeigen, dass das ‘Basta’ in der Kirche sich nicht zweifelsfrei auf dogmatische Aussagen zurückziehen kann, da der Gang der Kirche durch die Geschichte ebenso zeigt, dass sich die Kirche gerade in Fragen des Amtes immer wieder verändert und ggfs. erneuert hat.
Ich verweise z.B. nur auf die Veränderung des Bischofsamtes (die Möglichkeit Fürstbischof sein zu können ohne Priesterweihe) oder auch die Veränderung des Klerikerstandes von den verschiedenen Weihestufen, die früher nicht nur diese drei (Diakon, Priester, Bischof) waren.
Aus Anerkennung der modernen empirischen Forschungen und deren allgemein anerkannten Ergebnisse in der Sexualforschung.
Betrachtet man die empirischen Erkenntnis verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen in der Sexual- und Genderforschung, entsteht zu Recht der Eindruck, dass diese modernen Erkenntnisse in der Sexuallehre der römisch-katholischen Kirche zum Teil völlig außer Acht gelassen werden. Dies gilt z.T. auch noch immer beispielsweise für die Haltung und den Umgang mit Homosexualität.
Die fehlende Akzeptanz der Ergebnisse verschiedener Disziplinen (beispielhaft seien hier nur Anthropologie, Medizin, Psychologie, Soziologie, Biologie, … genannt) offenbart einmal mehr die Diskrepanz zwischen modernen Forschungsergebnissen einerseits und der lehramtlichen Haltung der römisch-katholischen Kirche andererseits in diesem Themenkomplex.
Dies führt aber auch – und das macht es so schlimm – z.B. bei homosexuellen Menschen zu Diskriminierung. Die Folgen daraus können fatal sein.
Der ‘synodale Weg’ in Deutschland bringt hingegen die Chance mit sich, dass sich die Kirche diesen aktuellen und grundlegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen stellt und dies auch in ihrer Theologie und pastoralen Praxis mit berücksichtigt.
Als folgerichtige Fortschreibung der Theologie des Vat. II, der Würzburger Synode und den Verlautbarungen von Papst Franziskus zum zukunftsorientierten synodalen Weg der Gesamtkirche.
Bereits im Oktober 2015 hat der derzeitige Papst Franziskus unmissverständlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Kirche der Zukunft eine synodale Kirche sein wird. Diese Aufwertung der Ortskirchen hat auch ganz konkrete Anfragen und Folgen für einen solchen ‘synodalen Weg’, wie ihn die deutschen Bischöfe und das ZdK mit den Katholik*innen in Deutschland gehen wollen.
Den ‘synodalen Weg’, der nun also in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland beschritten wird, halte ich für unverzichtbar.
Ihn zu kritisieren oder gar abzulehnen, ohne die Ursachen und Umstände auch nur zu erwähnen oder auch zu berücksichtigen, die zu diesem ‘synodalen Weg’ geführt haben, ist eine Missachtung derer, die sich mit aller Ernsthaftigkeit und persönlicher Spiritualität in diesen Prozess einbringen wollen!
Zu allerletzt möchte ich noch daran erinnern, dass die Forderung nach Reformen in der Kirche zumeist dann auf kamen, wenn die Kirche große historische Fehler begangen hat, z.B. durch weltlichen und geistlichen Machtmissbrauch.
Auch heute erkennen wir, dass die römisch-katholische Kirche in Deutschland und weltweit viele und ungeheuerlich große Fehler gemacht und dadurch unsäglich viel Schuld auf sich geladen hat.
Die Menschen, ob in oder außerhalb der Kirche, fordern deshalb zu Recht, dass die Kirche sich dieser Schuld stellt und ihrer Verantwortung gerecht wird.
Sollte sich die Kirche – in Teilen oder auch im Ganzen – diesem Prozess versagen, wird das erheblich Konsequenzen haben.
Denn schon jetzt erkennen wir, dass die Menschen heute so nicht mehr mit sich umspringen lassen, sondern ‘mit den Füßen’ abstimmen.
Von daher werde ich alle Initiativen unterstützen, die bereit sind, sich mit und in der Kirche auf den Weg ins 21. Jahrhundert zu machen; einer Kirche, die sich ihrer Sendung von Christus her wieder bewusster wird.
Maria 1.0 – Der Kampf gegen den synodalen Weg deutscher Bischöfe
Was sich eigentlich liest wie eine Intiative für die Muttergottes Maria, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Aktion gegen die deutschen Bischöfe und gegen das Zentralkommitee der deutschen Katholiken, die einen synodalen Weg gehen wollen.
In diversen Verlautbarungen dieser Initiative wird dies deutlich.
In der Pressenotiz mit dem Titel: „DIE RICHTIGEN SCHLUSSFOLGERUNGEN ZIEHEN!“ schreibt die Kampagne:
„…Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat zwar die Zeichen der Zeit erkannt, zieht jedoch aus Sicht von Maria 1.0 die falschen Schlussfolgerungen….“
„…Wer die Kirche verlässt, weil sie nicht dem Zeitgeist entspricht, zeigt damit nur, dass er keinen Glauben mehr hat….“
„… Ebenso fragt sich Maria 1.0, wieso der synodale Weg (…) noch unter diesem falschen Blickwinkel beschritten werden soll. (…) Das ist Grund genug, den synodalen Weg so nicht zu beschreiten. …“
Die Kampagne ist also der Überzeugung, dass sie beurteilen könne, was die richtigen Schlußfolgerungen seien. Damit reiht diese Aktion sich ein in die Reihe der Zeitgenossen, die die Wahrheit auf ihrer Seite wähnen.
Doch eine solche Haltung ist problematisch. So hat der Freiburger Theologe Magnus Striet davor gewarnt, die Rede vom „wahren Glauben“ als Unterscheidungsmerkmal zwischen Gläubigen zu missbrauchen. Er sieht in den Begrifflichkeiten wie „wahrer Glaube“ und „Neuevangelisierung“großes populistisches Potential dieser religiösen Begriffe. Quelle: https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/theologe-striet-rede-vom-wahren-glauben-nicht-missbrauchen
Maria 1.0 lässt dabei völlig außer Acht, dass synodale Prozesse regulärer Bestandteil der Suche nach Antworten innerhalb der katholischen Kirche sind. Ob Bischofssynoden, Diözesansynoden oder die Konzilien (die auch ihrem Wesen nach Synoden sind) – sie waren schon immer Wege, aktuelle Fragen zu erörtern und Antworten zu finden.
Die römisch-katholische Kirche hat dabei immer die Hoffnung und den Glauben verbunden, dass in solchen Synoden auch der Heilige Geist wirke. Deshalb kommt dem Gebet um die Gaben des Heiligen Geistes hier ein so großer Stellenwert zu.
Und in einer weiteren Pressenotiz von Maria 1.0 vom 14. August 2019 heißt es:
„…Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gehen anscheinend unverändert den Synodalen Weg an (…).In wenigen Wochen steht die Herbst-Vollversammlung der DBK an. Dort wird es auch einen Zwischenbericht zum Synodalen Weg geben, der die Kirche aus der bestehenden Krise führen soll. Dieser wird ein entscheidender Wegweiser für die katholische Kirche in Deutschland sein. Die bisherigen Verlautbarungen der DBK und des ZdK geben allerdings Anlass zur Sorge…“
Und dann zitiert die Kampagne einen Auszug aus dem Schreiben Papst Franziskus‘: „Ich erinnere daran, […] dass nämlich eine der ersten und größten Versuchungen im kirchlichen Bereich darin bestehe zu glauben, dass die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen sei, dass diese aber schlussendlich in keiner Weise die vitalen Punkte berühren, die eigentlich der Aufmerksamkeit bedürfe…“
Doch es wird ein nachfolgender und ganz wesentlicher Passus eben nicht von ihnen erwähnt, in dem es heißt: „(3) Um dieser Situation zu begegnen, haben Eure Bischöfe einen synodalen Weg vorgeschlagen. Was dieser konkret bedeutet und wie er sich entwickelt, wird sicherlich noch tiefer in Betracht gezogen werden müssen. Meinerseits habe ich meine Betrachtungen zum Thema Synodalität anlässlich der Feier des 50-jährigen Bestehens der Bischofssynode dargelegt. Es handelt sich im Kern um einen ’synodos‘, einen gemeinsamen Weg unter der Führung des Heiligen Geistes. Das aber bedeutet, sich gemeinsam auf den Weg zu begeben mit der ganzen Kirche unter dem Licht des Heiligen Geistes, unter seiner Führung und seinem Aufrütteln, um das Hinhören zu lernen und den immer neuen Horizont zu erkennen, den er uns schenken möchte. Denn die Synodalität setzt die Einwirkung des Heiligen Geistes voraus und bedarf ihrer. …
(5)… Ohne diese Dimension der göttlichen Tugenden laufen wir Gefahr, in den verschiedenen Erneuerungsbestrebungen das zu wiederholen, was heute die kirchliche Gemeinschaft daran hindert, die barmherzige Liebe Gottes zu verkündigen. Die Art und Weise der Annahme der derzeitigen Situation wird bestimmend sein für die Früchte, die sich daraus entwickeln werden. Darum appelliere ich, dass dies im Ton der göttlichen Tugenden geschehen soll. Das Evangelium der Gnade mit der Heimsuchung des Heiligen Geistes sei das Licht und der Führer, damit Ihr Euch diesen Herausforderungen stellen könnt. Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten….“ Quelle: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2019/2019-108a-Brief-Papst-Franziskus-an-das-pilgernde-Volk-Gottes-in-Deutschland-29.06.2019.pdf
Hier erinnert der Papst daran, was allen synodalen Prozessen wesentlich ist: sich dabei immer des Wirkens des Heiligen Geistes rückzuversichern und nicht zu meinen, aus eigener Kraft Antworten und Lösungen finden zu wollen oder zu können.
Es geht dem Papst nicht darum, den synodalen Weg in der katholischen Kirche in Deutschland in irgendeiner Weise zu unterbinden oder einzuschränken. Genau das Gegenteil ist der Fall! Nur: der Papst erinnert – zu Recht – an die geistliche Haltung, die diesem synodalen Weg wesentlich sein muss.
Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass sowohl die deutschen Bischöfe, die diesen synodalen Weg gehen wollen als auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken diesen Gedanken des Papst widersprechen. Ich habe sogar den Eindruck, dass sie ihnen ausdrücklich zustimmen.
So erklärte zum Beispiel der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Kard. Marx am 29.6.2019: „… Der Brief von Papst Franziskus an das ‚pilgernde Volk Gottes in Deutschland‘ ist ein Zeichen der Wertschätzung des kirchlichen Lebens in unserem Land und aller katholischen Gläubigen. Wir danken dem Heiligen Vater für seine orientierenden und ermutigenden Worte und sehen uns als Bischöfe und Laienvertreter eingeladen, den angestoßenen Prozess in diesem Sinn weiter zu gehen.
Papst Franziskus möchte die Kirche in Deutschland in ihrer Suche nach Antworten auf die uns alle bewegenden Fragen für eine zukunftsfähige Gestalt der Kirche unterstützen. Wir werden diesen Brief zur Orientierung unseres gemeinsamen Handelns aufgreifen und ihn auf dem Synodalen Weg intensiv bedenken….“
Wenn ich so recht bedenke, was die Kampagne Maria 1.0 zu dem synodalen Weg in der deutschen katholischen Kirche verlauten lässt, komme ich immer mehr zu der Überzeugung, dass diese Initiative grundsätzlich gegen diesen synodalen Weg deutscher Bischöfe ist und versucht, diesen mit Statements, die verwirren sollen, zuunterminieren!