Wir treffen täglich Entscheidungen. Manche sind klein und unbewusst, andere groß und durchdacht. Doch oft bleibt eine gewisse Unsicherheit. Es ist nicht immer klar, ob eine Entscheidung richtig oder falsch war – das hängt oft von der Sichtweise ab.
Ich für meinen Teil möchte nicht einfach übernehmen, was andere für richtig halten. Deshalb stelle ich meine Überzeugungen, meinen Glauben und die Art, wie ich ihn lebe, regelmäßig auf den Prüfstand – sowohl durch mich selbst als auch durch andere.
Auch Gott fordert mich dazu auf, denn ihm ist wichtig, dass mein Glaube lebendig bleibt und nicht erstarrt. Dabei stellt sich die zentrale Frage: Was gibt mir wirklich Halt im Leben und im Sterben?
Vielleicht wollte Paulus genau darauf hinaus, als er schrieb: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Das bedeutet, keine Angst vor Neuem zu haben und Dinge nicht vorschnell abzulehnen. Es ermutigt uns, genau hinzuschauen, gründlich zu prüfen und im Gespräch zu bleiben.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ könnte also heißen, immer wieder nach Gottes Willen zu fragen und sich von ihm leiten zu lassen. Gottes Geist gibt Leben und schenkt Freiheit. Er zeigt uns, wo wir Verantwortung übernehmen und wo wir Veränderungen vornehmen können. Selbst wenn wir Fehler machen oder unsicher sind, bleibt Jesus an unserer Seite. Er ist auch dann bei uns, wenn wir ihn vergessen oder nicht spüren, dass er uns führt.
Die Jahreslosung „Prüft alles und behaltet das Gute!“ ist auch ein wichtiges Motto für die Veränderungen in der katholischen Kirche und in unserem Bistum Essen.
Unser Bischof hat uns vor Jahren dazu ermutigt, Neues zu wagen. Er hat gesagt, dass es viele offene Fragen gibt, auf die auch er keine Antworten hat. Und er vertraut darauf, dass der Heilige Geist uns begleitet. Er forderte uns auf, neue Ideen auszuprobieren und zu schauen, ob sie uns weiterbringen.
Manchmal wissen wir nicht genau, wohin der Weg führt. Wir haben nur eine grobe Vorstellung von unseren Zielen.
Doch genau hier ermutigt uns der Bischof, einfach loszulegen und Erfahrungen zu sammeln. Nach einer Testphase können wir dann Bilanz ziehen: Hat es funktioniert? Dann entwickeln wir die Ideen weiter. Wenn nicht, lassen wir sie los – ohne uns zu ärgern, sondern froh über die gewonnenen Erkenntnisse.
Wenn ich jedoch kritisch in unsere Pfarrei schaue, dann habe ich eher den Eindruck, dass man in vielen Bereichen, in sehr vielen Bereichen, in viel zu vielen Bereichen ‚beim Alten bleiben‘ möchte.
Noch immer sprechen als Beispiel welche in unserer Pfarrei von ‚Gemeinden‘, die es aber seit Jahren nicht mehr gibt! Viele sprechen immer noch von „in Herz-Jesu“, „in St. Barbara“, „in St. Josef“ oder „in St. Theresia“. Ist das nicht auffällig, wie beharrlich man an längst vergangenen Begrifflichkeiten festhält, so als würde man meinen, man könnte damit neue Realitäten vertuschen?! Doch diese Gemeinden gibt es als Organisationseinheit schon seit einigen Jahren nicht mehr in unserer Pfarrei. Das wird aber im Denken und Handeln nicht sichtbar.
Stattdessen hatten wir in der Pfarrei entschieden, sie „Orte pastoralen Lebens“ zu nennen. Nur frage ich mich und Sie: hat sich dieser Begriff schon herumgesprochen, geschweige denn in unseren Köpfen und unserem Denken eingeprägt?! Ich meine, nicht! Denn sonst könnten wir folgerichtig allenfalls von „an St. Barbara“ oder „an Herz-Jesu“ usw. sprechen.
Allein der nicht angepasste Sprachgebrauch zeigt mir, wie schwer es immer noch fällt, Altes zu hinterfragen und loszulassen, um Platz für Neues zu schaffen.
Sieben Monate nahm Henri Nouwen am Leben der Mönche im Trappistenkloster Genesee Abbey im Staat New York teil. Er unterstellte sich den Lebensregeln der Mönche, dem Schweigen, der Handarbeit, dem Gebet und der Führung des Abtes. Daraus ist ein Buch entstanden, einer der Klassiker der Spiritualität: „Ich hörte auf die Stille!“ Ebenfalls stammt aus seiner Feder das Buch: „Gebete aus der Stille. Den Weg der Hoffnung gehen.“
Allein die Titel beider Bücher nehmen ein Thema in den Blick, das in wenigen Tagen – zumindest in Literatur und Liedern – einen hohen Stellenwert einnehmen wird.
Bald werden wir wieder die Lieder singen wie: „Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See….“ oder „Still, still, still, weil’s Kindlein schlafen will…“ oder der Klassiker: „Stille Nacht, heilige Nacht….“
Ob die Bücher von Henri Nouwen oder die weihnachtlichen Lieder: sie handeln von der Stille. Und das erscheint paradox, wo doch die Vorweihnachtszeit und auch die Weihnachtstage eher für viele von uns lebhaft und weniger still sein werden – manchen Familienkrach mit eingeschlossen!
Was ist das für eine Sehnsucht, der wir dann doch eher vergeblich hinterher eilen?
Ich denke, es ist eine Sehnsucht, die die Stille als Ort oder Zeitpunkt benennt, wo wir mit der Wahrheit unseres Lebens konfrontiert werden und zugleich zu Erkenntnissen kommen können, die unser weiteres Leben prägen werden.
Auch ‚Exerzitien‘, die geistlichen Auszeiten, zumal die „Schweige-Exerzitien“, sind aus diesem Bewusstsein heraus entstanden.
Ins Schweigen zu gehen, die Stille aufzusuchen, kann zu einer Quelle wichtiger Erkenntnis werden.
Aber zugleich wird manchen von uns angst und bange, weil das Schweigen und die Stille immer auch Konfrontation bedeuten kann, mit dem, was wir lieber vergessen wollen, was uns unangenehm ist oder sogar schmerzlich für uns ist.
Das Schweigen und die Stille wirft uns auf uns selber zurück und auf unsere Lebens-wirklichkeit, also auf das, was in unserem Leben Wirkung zeigen kann, wenn wir dem Raum geben.
Auch von Jesus wissen wir, dass ER die Stille aufgesucht hat, um sich Klarheit zu verschaffen. Und da kommt er aus ‚gutem Hause‘. Denn das heutige Evangelium berichtet uns, dass auch sein Ziehvater Josef um den Wert und die Bedeutung der Stille wusste.
In der Stille und im Schweigen können wir unser Herz und unser ‚inneres Gehör‘ öffnen für Gottes Wort. In der Stille können wir zu Erkenntnissen kommen, die unser ganzes Leben verändern können. In der Stille können wir zur echten Gottesbegegnung kommen.
Nach damaligen menschlichen und gesellschaftlichen Regeln war die Nachricht, die Josef empfangen hat, ein Fiasko: Seine Verlobte ist schwanger. Kann ja mal passieren, könnten wir einwenden. Aber nicht vom Bräutigam selber und nicht durch einen anderen Mann. Auch das könnte passieren. Nein, sie wurde schwanger durch die Kraft des Höchsten!
Das, in der Tat passiert nun wirklich nicht so häufig!
Doch Josef rastet nicht aus, verliert nicht den Kopf, aber gesteht sich aus Liebe zu Maria zu, sich eine Auszeit zu nehmen, nicht nur eine geistige sondern auch eine geistliche Auszeit zu nehmen. Er nimmt sich eine Auszeit, in der er auch ganz bewusst Abstand nimmt von Regeln und Konventionen. Er macht seinen Kopf frei, er macht seinen Bauch frei von allen negativen Gefühlen und somit macht er sich frei für Gott.
Josef geht in die Stille und beginnt nachzudenken. Er hört auf die Stille und begegnet in der Stille, in einem Traum, dem Anruf Gottes in seinem Leben. Er wird offen für das, nicht was die Menschen wollen, sondern was Gott will. Und so kann er die Konventionen brechen und bricht nicht mit seiner Braut, sondern nimmt sie und ihr Kind – welches nicht seines ist – an und nimmt damit Gottes Willen an.
Das zeigt mir: Das Schweigen und die Stille vermag uns mit DEM in Verbindung bringen, DER wirklich eine wichtige zukunftsfähige Botschaft für uns hat.
Heute ist es soweit. Ich bin in meinem 60. Lebensjahr angekommen und habe das 59. Lebensjahr vollendet; oder wie man landläufig sagt: ich bin neunundfünfzig geworden.
Es ist wohl auch die Zeit meines Lebens, in der ich mir mehr und mehr Gedanken darüber mache, was ich noch vom Leben erwarte? Keine Sorge: ich habe noch voll Bock zu leben und ich liebe das Leben, auch wenn es manchmal nicht einfach ist und mich vor großen Herausforderungen stellt! Und ich befinde mich auch nicht in einer midlife-crisis. Dafür bin ich dann doch schon zu alt! 😉 Aber wenn ich auch der Wahrheit Raum geben will, weiß ich, dass ich schon längst den Zenit meines Lebens überschritten habe – was meine Lebensjahre angeht.
Bei mir ist es jedenfalls so, dass ich mich frage: was ist mir (noch) in meinem Leben wichtig? Wie fülle ich meine Lebenszeit und mit welchem unnötigen Ballast ist es angefüllt?
Vieles habe ich bisher in meinem Leben für wichtig und wesentlich erachtet – aber es verliert mehr und mehr an Bedeutung. Und Manches, was mir von anderen als vermeintlich wichtig herangetragen wurde, ob subtil oder nicht, erkenne ich mehr und mehr als unwichtig.
Dabei spielen für die Beantwortung dieser Frage für mich auch einige Aspekte und Fragen eine wichtige Rolle: – Womit habe ich meine kleine Welt ein Stück weit verbessern können? Und wo ist aber auch Lebensenergie in irgendeine Art von Nirwana verschwunden, ohne was Positives zu bewirken? – Woran habe ich mich weiter entwickeln können und was hat mich persönlich weiter gebracht? – Was hat mein Leben bisher heller und lebenswerter gemacht; und was hat mir unnötig einen Teil meiner Lebensenergie geraubt?
„Mensch, werde wesentlich!“ (Angelus Silesius)
Das Wort von Angelus Silesius begleitet mich seit vielen Jahren. Und manchmal konfrontiert es mich, wenn ich als – ach so moderner und aufgeschlossener Mensch – mich auch in der heutigen Zeit zurechtfinden und behaupten will.
Dabei erkenne ich, dass ich oft umworben oder sogar verführt werde von Meinungen und Medien. Und überhaupt nicht subtil wird mir und uns eingebläut, dass ‚man‘ doch Dieses und Jenes unbedingt ausprobieren, nutzen oder benutzen sollte!
In unserem Streben nach Freiheit und Selbstverwirklichung sind wir – leider – auch Opfer einer durchtriebenen Werbe- und Vermarktungsstrategie.
Uns wird vorgemacht, das wir da und davon einen persönlichen Nutzen haben. Aber wenn wir genauer hinsehen, dann merken wir, dass nicht wir die Nutznießer sind, sondern jene, die uns etwas als vermeintlich Wichtiges und Wesentliches verkaufen wollen.
Und in diesem Punkt kommt die Wahrheit ans Licht: andere wollen uns etwas in unserem Leben verkaufen, in dem sie uns subtil oder weniger subtil suggerieren, dass wir was davon haben.
Aber in Wahrheit wird uns etwas verkauft und wir sind es, die den anderen etwas geben: unsere privaten Daten, unser Geld, unsere Zeit, aber auch unsere Nerven und unsere Emotionen. … und es kommt quasi nichts wieder zu uns zurück! Mehrwert: nein! Nutzen: nein! Sinnhaftigkeit: nein!
Leider ist es oft so, dass uns in den seltensten Fällen „von außen“ Sinn zu kommt. Nicht: „Was macht mir Sinn?“ ist die Frage. Sondern: „Wodurch gebe ich meinem Leben einen Sinn?“
Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass wir durch die zweite Frage unserer Freiheit mehr auf die Spur kommen, als durch von außen eingeflößter vermeintlicher Sinnhaftigkeit.
Die Frage, wodurch ich meinem Leben Sinn geben möchte, zieht auch zwangsläufig irgendwann einmal die Frage nach sich, wofür ich meine (noch verbleibende) Zeit investieren möchte?
Denn es kommt für uns alle der Augenblick, dass wir ‚keine Zeit mehr haben‘ werden. Was dann?
Besser: uns drängt sich diese Frage und die Antwort drauf auf, wenn wir (vermeintlich) noch Zeit haben, um diese dann auch zu nutzen!
„Pflücke den Tag!“ oder „Nutze die Zeit!“, so übersetzen wir dieses lateinische Wort.
Das erinnert mich an einem mehrmonatigen Kurs, den ich zur Mitte der 1990er Jahre absolvieren durfte. In diesem Kurs auch eine Ordensfrau, die schon über siebzig Jahre alt war. In diesen drei Monaten kam immer wieder in ihr die drängende Frage auf, ob ihr Leben eigentlich für sie ‚richtig‘ verlaufen sei. Und sie spürte: eine Kursänderung ist nötig. Kurz vor Ende unserer gemeinsamen Zeit sagte sie dann zu mir: „Gerd, und wenn ich nur noch einen Tag zu leben habe: diesen Tag werde ich anders leben als bisher!“
Mich hat dieser Satz schon damals umgehauen, weil diese Frau gespürt hat: es ist nie zu spät, seinem Leben eine andere Richtung zu geben, wenn man erkannt hat, dass es bisher in eine Richtung lief, die ich nicht mehr bejahen kann.
Was anders als unser christlicher Begriff der „Umkehr“ steckt hinter dieser Erfahrung der Ordensfrau?! Ja, für Umkehr ist es nie zu spät. Es kommt nämlich nicht darauf an, wie lange diese neue Wegrichtung gegangen wird, sondern DAS sie gegangen wird!
Für diese Ordensfrau schloss diese Erkenntnis mit ein, sich auch von alten Wegen verabschieden zu müssen und vor allem zu können und zu dürfen!! In ihrer Erkenntnis hat sie sich zugleich auch das Recht zugesprochen, den Weg der (Ver-)Änderung gehen zu dürfen! Nichts und niemand würde sie davon abhalten können!
Dies ist sicherlich ein Punkt, der zwangsläufig mit solchen Korrekturphasen einher geht: die Erkenntnis, Altes zurück lassen zu müssen und sich von Ballast zu befreien, der mich daran hindert, dem eigenen Leben eine andere, eine neue Richtung zu geben.
Leichter gesagt, als getan! Damit gehen auch Ängste einher.
Diese Ängste spüren sicherlich die Menschen besonders hart, die sich eher unfreiwillig von Liebgewordenem verabschieden müssen: Menschen, die einen geliebten Menschen verloren haben; Menschen, die Hab und Gut verloren haben durch Schicksalsschläge, Naturkatastrophen oder durch andere gewaltsame Ereignisse wie Krieg und Gewalt.
Bevor es mir also genommen wird: ist es da nicht besser, sich in aller persönlicher Freiheit davon zu trennen?! … wenn man kann, wenn man es schafft?
Also richte ich in letzter Zeit mehr und mehr meine Gedanken darauf, mich von dem zu trennen, was mich emotional und materiell daran hindert, neue Akzente in meinem Leben zu setzen und Korrekturen in meinem Leben vorzunehmen.
Die letzten Jahre, vor allem als ich Anfang 2020 an einer Depression erkrankt bin und auch die Corona-Pandemie haben mich heruntergeholt von hehren Gedanken. Ich bin dabei auch Irrtümern aufgesessen. Ein Irrtum ist dabei, dass ich mich z.B. in sozialen Medien an Diskussionen beteiligen könnte und damit (m)einen Beitrag zu einem Auseinandersetzungsprozess leisten könnte.
Doch dieser Erwartung ist die nüchterne und entlarvende Erkenntnis gewichen, dass die große Welt da draußen durch meine Postings und Kommentare weder besser wurde noch für mich etwas gebracht hat außer Ärger und Frust.
Das perfide an den sogenannten ’sozialen Medien‘ ist, dass sie eher asozial sind und Sozialität, Kommunikation und echte Begegnung verhindern. Durch die Nutzung solcher Medien habe ich keine wirklich wichtigen Begegnungen gehabt, die ich nicht auch über andere Kanäle hätte finden können.
Diese vermeintlich ’sozialen Medien‘ bringen mir als Privatmenschen eigentlich keinen wirklichen Lebenszugewinn. Sie sind eher für Menschen oder Organisationen von Interesse, die ihre Meinung und Botschaft unter die Menschen bringen wollen.
Ganz besonders habe ich das in den letzten Wochen bei dem ukrainischen Botschafter Melnyk erkennen müssen: Er postet Tag um Tag provokante Texte in seinem twitter-Account; Texte, die sicherlich auch hier und da ihre Berechtigung haben. Nur: Er geht niemals mit denen, die seine Postings kommentieren, tatsächlich in einen Austausch, in einen Diskurs. Dieses Medium wird von ihm bewusst als eine mediale Einbahnstraße verwendet; von Kommunikation keine Spur! Er nutzt also seine ‚follower‘ nur aus für seine Sichtweise.
Was soll ich also da mit meinen Gedanken, wenn ich mich genau so gut auch an die berüchtigte „Parkuhr“ stellen könnte?! – Die interessiert meine Gedanken auch nicht – und seien sie noch so intelligent und ernsthaftig.
Deshalb bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich mich als einer der nächsten Schritte unter anderem auch von einigen Kanälen der vermeintlichen „sozialen Medien“ entfernen werde. Dies mache ich aber auch noch aus einem anderen Grund, der mich zutiefst beunruhigt.
Es geht dabei um „mein digitales Erbe“.
Bei diesem Blog ist klar: wenn ich nicht mehr bin und das Geld für diese Website und Domain nicht mehr gezahlt wird, wird dieser Blog eingestellt und irgendwann ganz verschwinden.
Bei facebook, twitter und Co. erlebe ich es aber, dass dort immer noch Menschen, die ich persönlich kannte und die mittlerweile verstorben sind, mit einem eigenen Account ‚präsent‘ sind. Hinterbliebene und andere haben daraus noch nicht einmal eine ‚Gedenkseite‘ gemacht! –
Das möchte ich nicht, dass das passiert! Ich möchte aber auch nicht, dass andere nach meinem irdischen Tod sich damit noch herumschlagen müssen. Dies ist ein weiterer Grund, warum ich zuerst bei diesen Medien anfangen werde, meine Accounts zu löschen.
Es gilt für mich aber auch, noch andere Tummelplätze vermeintlicher Kommunikation kritisch zu hinterfragen, inwieweit sie mein Leben bereichern oder für mein Wirken dienstbar und hilfreich sind?
Und ich vertrete auch nicht die irrige Ansicht, dass ich „für andere dann nicht mehr erreichbar“ sei, wenn ich mich aus manchen Medien oder Plattformen ‚verabschiede‘! Das ist auch so ein Trugschluss!
Denn: die Menschen, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin, werden wissen oder herausfinden, wie wir (weiterhin) in persönlichem Kontakt bleiben können. Für den persönlichen Kontakt brauchen wir noch viel weniger die ’sozialen Medien‘, weil persönlichem Kontakt immer auch persönliches Interesse vorangeht. Und das ist es, das dazu führen wird, dass solche Kontakte – wie auch immer – bestehen bleiben werden.
So, nun aber genug der Gedanken zum Lebensjahreswechsel.
Ich wünsche mir jetzt nur, dass das neue Lebensjahr ein von Gott gesegnetes Lebensjahr sei, wo ich Sinnvolles tun und sinnvoll leben kann; wo ich Menschen wirk-lich begegnen kann, Freundschaften pflegen und Liebe erfahren kann. Ich wünsche mir, dass ich das Leben genießen und mich daran erfreuen kann.
Und so Gott will, darf ich in 365 Tagen auf diesen Tag zurück blicken und mich fragen, wie weit ich gekommen bin!
Das Talent war eine ursprünglich altbabylonische Maßeinheit der Masse. Dieses Talent sowie davon abgeleitete kleinere Talente waren in der Antike gebräuchlich. Wie andere antike Maßeinheiten wurde das Talent durch Aufwiegen von Silber (seltener Gold oder Kupfer) als Währung benutzt. Ein Talent ist also eine Währungseinheit zu biblischer Zeit.
Heute benutzen wir diesen Begriff eigentlich nur noch, wenn es darum geht, Fähigkeiten oder gute Eigenschaften eines Menschen zu beschreiben: „Der oder die hat ziemlich viel Talent!“
Zum Verständnis des heutigen Evangeliums dürfen wir deshalb sehr gerne beide Bedeutungen des Begriffes heranziehen: das Talent als einen „Geld“-Betrag aber auch das oder die Talente als gute Eigenschaften des Menschen.
Eine Grundaussage dieses Evangeliums ist: Talente können dann nur ihre vollen Möglichkeiten entfalten, wenn sie genutzt werden; wenn sie eingesetzt werden. Anderenfalls bewirken sie nichts. Sie sind zwar vielleicht (noch) da, aber sie werden buchstäblich nicht umgesetzt. Aus ihnen geschieht nichts Neues; es wächst nichts daraus, materiell aber auch immateriell.
Nicht aus *Furcht* nichts tun
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Und die Rolle, liebe Schwestern und Brüder, in der sich die Zuhörenden befinden, ist klar: Wir sind die Dienenden, denen der Herr sein Vermögen anvertraut. Ob da nun mehr oder weniger ist, ist gar nicht so entscheidend. Das zeigen die beiden ersten der hier agierenden Diener. Entscheidend ist, wie man mit den Talenten umgeht, egal wie viele es sind. Arbeit ist angesagt für jede und jeden von uns. Arbeit mit dem, was uns anvertraut wurde. Dienende sein ohne einen Dienst zu tun, das geht nicht und das ist auch keine Möglichkeit. Inaktive Mitgliedschaft in einem Verein ist hier nicht möglich. Ein Lippenbekenntnis zur Botschaft Jesu ist kein gangbarer Weg, es braucht das Engagement in der Wirklichkeit, in der ich lebe.
Und so hält das heutige Evangelium für uns alle eine Botschaft bereit: als einzelne Person aber auch als kirchliche Gemeinschaft, als Mitglieder der Kirche aber auch als Mitarbeitende in der Kirche, insbesondere auch im seelsorglichen Dienst.
Gerade die Corona-Pandemie lädt uns ein, zu schauen, was und wo unsere Talente sind. Und diese Talente ermöglichen uns neue und ungewohnte Wege einzuschlagen.
In dieser Zeit können wir nicht so weitermachen wie bisher. Gerade auch für die Seelsorge gilt: wir können uns nicht wegducken, die Decke über den Kopf ziehen oder gar den Kopf in den Sand stecken und meinen, wir bräuchten untätig nur auf das Ende der Pandemie zu warten.
„Skills“ (engl. = Fähigkeiten, Begabungen, Talente), Quelle: www.pixabay.com
Genau das Gegenteil ist nötig. Die Pandemie fordert uns gerade zu heraus, eingetretene Pfade zu verlassen, andere Wege zu gehen und damit qualitative und professionelle Seelsorge zu betreiben, die angepasst ist auf die derzeitige Situation und unsere Antwort mit unseren Talenten auf diese Situation.
Aber es gilt auch für jeden Christenmenschen. Wo kann ich mich neu engagieren? Wo kann ich Brücken bauen zu Menschen, die in dieser Zeit besonders einsam sind? Wo kann ich – auch mit kleinen Mitteln – Unternehmen helfen, dass sie weiter arbeiten können?
Wo kann ich auch neue technische Möglichkeiten nutzen, die Generationen vor uns noch nicht einmal zur Verfügung gestanden haben?
Wenn wir das nicht tun, dann könnte uns das passieren, was im Gleichnis jenem widerfahren ist, der aus Furcht seine Talente einfach nur verbuddelt hat. Dies ist keine Drohung! Sondern genau das Gegenteil: Jesus sagt uns: Egal, wie streng Gott auch sei. Er wird niemals unberücksichtigt lassen, was wir mit dem angefangen haben, das uns von ihm als Begabungen und Fähigkeiten geschenkt worden ist. Dies ist eine Ermutigung, nicht aus vermeintlicher Furcht untätig zu bleiben, sondern darauf zu vertrauen, dass Gott das Gute nicht übersehen wird, was wir tatsächlich erbracht haben, auch wenn es noch so wenig sein sollte.
Ich möchte mit einem ermutigenden Gedanken von Roger Schutz, dem Gründer und ersten Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé enden, der einmal schrieb:
„Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es.“