Schau gen Himmel …

Am 5.3.2022 bin ich von meinem zweiwöchigen Urlaub aus Dänemark wieder nach Hause gekommen.
Unser Ferienhaus lag inmitten einer „klitplantage“ (dänisch) und das heißt so viel wie „Kiefernwald“. Eigentlich muss man sich dieses Gebiet vorstellen wie eine Verbindung von unserer heimischen Hardt und der Lüneburger Heide: Sandboden, auf dem niedriger Farn, Moose und Eriken wachsen und in diesem Boden wachsen auch Kiefern, Tannen und andere Bäume.

Houstroup (DK)
Ich habe Ihnen mal ein Bild von dieser Gegend mitgebracht: Houstroup (DK).

Um unser Ferienhaus herum standen in gutem Abstand noch einige andere Ferienhäuser, aber die waren quasi nicht bewohnt. So war es – wenn die Sonne untergegangen und die Nacht hereingebrochen war – um uns herum stockfinster. In den letzten Tagen hatten wir diese herrliche Sonne und nachts war es sternenklar und frostig.
Wir konnten den Sternenhimmel sehen und versuchten auch, einige Sternenbilder zu erkennen.

So in etwa sah es aus … (Foto: Bild von Pexels auf Pixabay)

Kennen Sie das Glück, in solche Sternenhimmel zu schauen? Und fasziniert Sie dieser Blick ähnlich wie mich?

Dieser Anblick überwältigt mich, wenn ich mir gewahr werde, wie weit diese Himmelsobjekte von uns entfernt sind und wir sie dennoch mit unserem bloßen Auge erkennen können.
Wer sich etwas mit Astronomie beschäftigt, weiß, dass ein ganz neues Weltraumteleskop-Projekt läuft: das James-Webb-Weltraumteleskop.
Es soll ein weiteres Stück mehr verstehen helfen, wie unser Universum entstanden ist. Es kann so unverständlich viel weiter ins Universum ‚hineinsehen‘ und Analyse anstellen.
Da oben existieren unzählige Galaxien, Sterne und Planeten, die vielleicht nicht weniger erstaunlich sind, wie unsere Erde – oder sogar noch erstaunlicher? – Wir wissen es nicht.

Mich beeindruckt, dass auch wir Menschen diese Sterne so sehen können und verstehen, was es damit auf sich hat. Wir, so klein und unbedeutend im Gesamt des Universums haben das Privileg, diese Universum zu sehen und auch zu reflekieren und zu verstehen. Welche ein Wunder!
Natürlich ’sehen‘ auch andere Lebewesen diesen Sternenhimmel, zum Teil orientieren sie sich sogar des Nachts an ihm. Aber ich finde keinen Hinweis darauf, dass andere Lebewesen – neben uns – auf der Erde, auch „das da Oben“ so verstandesgemäß reflektieren können.

Mit dem bloßen Auge bekannte Sternenbilder zu erkennen, ist manchmal aber auch schwierig, je nach dem, wie stark die Lichtverschmutzung ist.

In der Lesung des kommenden Sonntags, dem 2. Fastensonntag, hören/lesen wir, wie Gott Abram (da heißt er noch nicht Abraham), auffordert, nachts hinauszutreten, in den Himmel zu schauen und die Sterne zu zählen.
Selbst bei minimalster Lichtverschmutzung können wir die Sterne nicht mit bloßem Auge zählen: das wissen wir.

Gott verheißt Abram, dass seine Nachkommen so zahlreich wie die Sterne am Himmel sein werden. ER, von dem Lukas im Kapitel 12,7 sagt, dass er sogar alle Haare auf meinem Haupt gezählt hat [bei mir hat er da nicht so viel zu tun … ;-)], macht Abram eine so große Verheißung.

Mit geht es nicht darum, zu klären, ob das Volk Gottes wirklich jemals zahlenmäßig so groß war oder so groß sein wird, wie die Zahl der Sterne am Himmel.

Hier wird deutlich, dass Gott denen, die an ihm festhalten, eine unglaublich großartige Zukunft verheißt, die alles übersteigen wird, was wir selber denken oder gar leisten könnten.

Sich auf diese Verheißung Gottes einlassen zu können, heißt, zu glauben, dass Gott was wirklich sehr Gutes mit uns im Sinne hat!

Den Blick in den Himmel, wenn die Erde grau und düster ist …

In den letzten Tagen sind viele Menschen von dem Krieg in der Ukraine gefühlsmäßig sehr betroffen. Manche haben Angst und ich kenne Patient:innen aus meinem Krankenhaus, die richtige Panikattacken angesichts der Nachrichten und Bilder bekommen. Sie müssen für sich besonders lernen, wie sie mit diesen Bildern und Eindrücken umgehen können.

Zu diesen Bildern und Nachrichten stellt sich ein großes Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht ein. Manche resignieren und sagen (sich): Ich kann ja doch nichts machen.

Abgesehen davon, ob es wahr ist, dass wir „doch nichts machen können“ und mal genauer hinschauen würden, was wir dennoch machen können, auch wenn wir den Krieg und das Elend nicht beenden können, kann es für die eigene Psychohygiene wichtig sein, eine solche Haltung wie aus der Lesung des Sonntags ins eigene Leben zu kultivieren: mal in den Himmel zu schauen.

Und sich dann daran zu erinnern, wie klein, unbedeutend und wie unerheblich wir Menschen doch sind, wenn wir die ganze Schöpfung betrachten und wie großartig aber gleichzeitig die Verheißungen sind, die Gott uns, den ‚kleinen Erdlingen‘ macht?

Der Blick in den Himmel kann helfen, zu spüren, dass es noch eine Macht gibt, die sich um uns sorgt und die alles in den Händen hält; einer Macht, der es nicht egal ist, wie es uns geht.

Mir jedenfalls macht der Blick, gerade auch in dieser Zeit, klar:
Ich bin vielleicht nur ein kleines Licht (nicht mal ein leuchtender Stern) im Universum Gottes und dennoch erkenne ich, dass ich nicht Nichts bin, sondern mitfühlend sein kann und überlegen kann, welche Möglichkeiten mir Gott geschenkt hat, um nicht ohnmächtig sein zu müssen.
Das Kleine und Unscheinbare kann immer noch viel bewirken (wie wissen das vom Corona-Virus), auch zum Guten hin.

Foto: Bild von David Reed auf Pixabay

Wir als Erdlinge – im Vergleich zur Fülle des Sternenhimmels über uns – sind klein und unbedeutend.
Aber für unsere Erde können wir und unser Handeln zugleich groß und bedeutsam sein.

Solche Gedanken kommen mir, wenn ich in den Himmel und damit in die unendlichen Weiten des Universums blicke: ich bin nicht nur ganz klein, sondern Gott kann mit mir zugleich Großartiges anfangen.

Und wie ist es bei Ihnen? Was kommt Ihnen in den Sinn; was berührt Sie, wenn Sie in den nächtlichen Sternenhimmel schauen?




Unruhe

Ein Problem unserer Zeit: viele wollen es einfach ruhig haben.

Dann kann sich aber nichts Neues entwickeln.

Es ist die ‚Unruh‘, die eine Uhr am Laufen hält, damit wir wissen, was die Uhr geschlagen hat.




Wandlung unausweichlich

Nach vielen Begegnungen und Gesprächen in den letzten Tagen wird mir immer klarer:

Die Wandlung unserer römisch-katholischen Kirche ist unausweichlich!

Quelle: www.unsplash.com

Wenn Sie nicht von oben eingeleitet wird, dann kommt sie von ‚unten‘!

Die Signale bei den Kirchengliedern ist so überdeutlich, dass die heutige Kirche in ihrer jetzigen Verfasstheit keine Zukunft mehr haben wird.

Das ist keine Forderung, sondern (m)eine Ahnung!




Visionen…

Quelle: Bild von guihrossi auf Pixabay

… und Veränderungsbereitschaft…

… sind die Triebkräfte, die nach vorn und auf Zukunft hin gerichtet sind.

Und einen ‚Standpunkt‘ zu haben, heißt nicht ‚unbeweglich‘ zu sein.

Quelle: Bild von Free-Photos auf Pixabay

In der Kirche gibt es leider immer noch zu viele, die Letzteres gleich setzen.

Dabei hat Jesus doch vor gemacht, dass es eben nicht das gleiche, sondern manchmal sogar ein Gegensatz ist.




Auf-brechen

Kommt,
lasst uns auf-brechen
und jene hinter uns lassen,
die uns die Wege versperren wollen,
die wir gehen müssen.

Kommt,
lasst uns auf-brechen,
die verkrusteten Strukturen,
den Wahn der Rechthaberei,
die Angst vor Veränderung,
die Furcht vor Herzlichkeit
und Menschenliebe.

Kommt,
lasst in uns auf-brechen
das Herz, das der Liebe Raum gibt;
den Verstand, der weiß was nötig ist
und die verschlossene Hand,
die sich öffnet zum Tun

und für den Menschen,
der am nächsten ist;
der deine Zuneigung
und Hoffnung
und Unterstützung
und Ermutigung
braucht.

Kommt,
lasst uns auf-brechen,
um auf-zu-brechen.

(copyright: Gerd Wittka, 31.01.2021)


Alle Bilder: www.pixabay.com




Christ-König-Sonntag

Liebe Schwestern und Brüder,
kennen Sie noch Pfarrer Heinrich Albertz?
Pfarrer Albertz war evangelischer Pfarrer in Berlin, er lebte von 1915 bis 1993 und war in den Jahren 1966-67 regierender Bürgermeister von Berlin.

Pfr. Heinrich Albertz (links) mit Heinrich Lübke (1966), Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/00/Bundesarchiv_B_145_Bild-F023743-0013%2C_Bonn%2C_L%C3%BCbke_mit_Berliner_B%C3%BCrgermeister_Albertz.jpg

Ich kenne ihn noch.
Jetzt fragen Sie sich sicher, woher?

So richtig kenne ich ihn zwar nicht, aber er ist mir in sehr guter Erinnerung.
Es muss irgendwann in den 1970er Jahren gewesen sein und Pfarrer Albertz hielt eine Fernsehansprache zum „Totensonntag“.
Bereits dort – und daran erinnere ich mich ganz gut – legte Pfarrer Albertz dar, dass der Totensonntag schon damals in der evangelischen Kirche „Ewigkeitssonntag“ heißt.
Pfarrer Albertz war es wohl sehr wichtig, einen wichtigen theologischen Akzent dieses letzten Sonntags im Jahreskreis zu erörtern.

Seit seiner TV-Ansprache beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage, nach dem Grund dieses Festes. Und im Laufe der Jahre wurde mir immer klarer, dass der „Ewigkeitssonntag“ in der evangelischen Kirche und der „Christ-Königs-Sonntag“ in unserer katholischen Kirche sich eigentlich im Wesentlichen sehr nahe sind.



Es sind zwei Bezeichnungen für einen Sonntag, der genau das selbe in den Blick nimmt, nämlich unserer gläubige Zukunft.

Ich möchte das an einem augenfälligen Beispiel erläutern:
schauen Sie hier in diese Kirche.
Wenn ich hier am Altar stehe, sehe ich Sie, die Gemeinde vor mir (wenn auch in riesiger Entfernung) und ich sehe hier auf dem Altar ein Kreuz.
Das Kreuz erinnert mich selber in der Heiligen Messe, woher die Eucharistiefeier ihren Anfang genommen hat: in der Passion des Herrn, angefangen im Abendmahlssaal.

Sie aber, sie sehen nicht nur das Kreuz auf diesem Altar. Sie sehen buchstäblich weiter.
Sie sehen nämlich das, was sich bei meiner Zelebration in meinem Rücken befindet: dieses große Bild hier im Altarraum hinter mir.

Altarbild in St. Clemens, Oberhausen-Sterkrade, © Gerd Wittka, 21.11.2020

Es zeigt Jesus Christus, den Auferstandenen. Zu seinen Füßen das noch leicht geöffnete und überwundene Grab.
Jesus schwebt gleichsam darüber, so als wäre er schon auf dem Weg in den Himmel.
Und tatsächlich verbindet dieses Altarbild das Ostergeschehen mit der Christi-Himmelfahrt.

Da ist aber noch mehr: schauen Sie sich den Gesichtsausdruck an. Der ist friedlich, fast schon ein verschmitztes Lächeln zeigt sich auf seinen Lippen. Er blickt Sie freundlich an.
Und die Arme sind – sehr schwungvoll – erhoben.
So zeichnet sich in der Form seiner Gestalt die Form des Kreuzes nach, die sich auch hinter der Christusfigur noch mal abbildet.
Aber das ist nicht alles: Die Arme sind geöffnet – in Ihre Richtung hin geöffnet.
Dieser Auferstandene öffnet in friedlich-freundlicher Art Ihnen SEINE Arme!

Diese Darstellung des Auferstandenen erinnert mich sehr stark an dem Typus des Christus auf romanischen Kreuzen; diese Kreuze – auch Triumphkreuze genannt – zeigen den Gekreuzigten als den Auferstandenen am Kreuz.
Und nicht selten trägt dieser Auferstandene an romanischen Kreuzen eine Krone auf seinem Haupt – das Zeichen eines Königs.

REX TRIUMPHANS, Stiftskirche Innichen, Südtirol – User: A,Ocram, Public domain, via Wikimedia Commons

Sie sehen, liebe Schwestern und Brüder, wie sich hier das Ostergeschehen mit dem Namen des heutigen Sonntags verbinden.

Der Christ-König, der Auferstandene verweist uns katholische Christen wie auch die evangelischen ChristInnen am Ewigkeitssonntag auf unsere eigenen Zukunft hin:
Hinter allen Kreuzen des Lebens, hinter allen Durchkreuzungen unseres Lebens und hinter dem Tod erwartet uns nicht ein Nichts!
Sondern es erwartet uns in seiner Ewigkeit unserer auferstandene Herr Jesus Christus.

Die Ansprache von Pfarrer Albertz in den 1970er Jahren im Fernsehen hat mir den Blick geöffnet, mein Leben mehr im Licht der Ewigkeit zu sehen.
Ich bin davon überzeugt, dass (nicht nur) durch seinen damaligen Impuls auch mein Leben und mein Glaube eine religiöse Umorientierung ermöglicht hat, die mir in meinem konkreten Alltag zur Hilfe kommt.

So beschließen wir dieses Kirchenjahr 2019/2020, das uns bisher so viel zugemutet hat, mit dem Blick nicht auf den Tod, sondern mit dem Blick auf das Leben. Der Christ-Königs-Sonntag und Ewigkeits-Sonntag ist also ein Sonntag der noch einmal in ganz besonderer Weise ein wahrlich „österlicher Sonntag“ ist.

Ich wünsche uns allen, dass wir mit diesem Gedanken gut das jetzige Kirchenjahr beenden und mit dem nächsten 1. Adventssonntag hoffnungsvoll in das neue Kirchenjahr starten können.


Christkönig-Sonntag

König –
damit habe ich nicht viel am Hut
damit kann ich nichts anfangen

Könige heute
yellowpress-Prominenz

Du, Christus,
in der Gestalt des Königs
berührst mich nicht –
ich bin Demokrat und
bin in einer Republik
aufgewachsen.

Doch auch mit Funktionen
oder Posten
einer Republik
möchte ich dich nicht vergleichen

Solche Bilder sind
immer schief und
viel zu menschlich

Ich muss lernen,
dich nicht in solche Begrifflichkeiten
zu denken und
zu glauben.

Zeitlos und bedeutsam
bist du für mich
mit dem, wofür du gegangen bist
und wofür du stehst:

Der Sohn Gottes,
der gekommen ist,
nicht um den glimmenden Docht zu löschen,
nicht um das geknickte Rohr zu brechen.

Du bist gekommen,
zu befreien,
zu erlösen.

Du bist für mich,
was du gelebt und
verkündet hast:

Liebe
Demut
Güte
Barmherzigkeit
Gnade,
Freiheit,
Versöhnung,
Friede,
Leben,
Erlösung.

Ich halte dich nicht
für einen
König;
ich halte dich für den,
der mir Perspektiven
und
Zukunft
und
Leben
eröffnet.

© Gerd Wittka, 20.11.2020


Meine Predigt im Audio-Format finden Sie hier: