„Pflegekräfte – organisiert euch!“
Jens Spahn ermutigt Pflegekräfte, sich besser zu organisieren und zu vernetzen, damit deren Forderungen nach höheren Gehältern mehr Gewicht bekommen.
Klare Worte auf dem Deutschen Pflegetag 2021 hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gefunden. Er machte deutlich, dass er eine deutlich höhere Entlohnung für Pflegekräfte unterstütze, dass es aber Aufgabe der Tarifparteien sei, dieses Vereinbarungen zu treffen.
Spahn überraschte mit eindeutigen Zahlen, indem er € 4.000,00 für durchaus realistisch halte und sich auch vorstellen könne, dass der Pflegemindestlohn in Richtung € 3.000,00 ginge.
(vgl. Forderung nach Reformen: Pflegebranche will „mehr Pioniergeist“ | tagesschau.de)
„Pflegekräfte sitzen am längeren Hebel“
Jens Spahn machte auch deutlich, dass die Pflegekräfte derzeitig am längeren Hebel säßen, weil akuter Fachkräftemangel herrsche und die verschiedenen Einrichtungen händeringend Fachkräfte suchen.
Heute muss keine Pflegefachkraft befürchten, keine Stelle zu bekommen.
Das ist die einmalige Chance für diese Berufsgruppe, sich stärker zu vernetzen, sich gewerkschaftlich oder verbandlich zu organisieren und mehr Druck auf die Arbeitgeber zu machen.
Fehlende Tarifbindung und sogenannte „Haustarifverträge“ sind das Problem
Besonders in Bereichen und Einrichtungen, die zur Zeit keiner Tarifbindung unterliegen oder sogenannte „Haustarifverträge“ Anwendung finden, ist die Lage besonders prekär. Hier gibt es nämlich meistens einseitige Vorgaben seitens des Arbeitgebers resp. des Unternehmens. Manche Haustarifverträge sind so angelegt, dass das Einstiegsgehalt oberhalb derzeitig geltender Tarifverträge liegt, aber keine tarifliche Anpassung vorgesehen ist, die z.B. die Inflations- oder Teuerungsrate abbildet. Das führt dazu, dass diese Arbeitnehmer:innen auf Dauer tatsächliche Gehaltsverluste in Kauf nehmen – eine besonders perfide Art der Gehaltsregelung in Unternehmen, die ihr eigenes „Süppchen kochen“.
Kapitalisierung des Gesundheitswesen leistet Ungerechtigkeit Vorschub
Dieses soziale Ungerechtigkeit wird durch die Kapitalisierung des Gesundheitswesens Vorschub geleistet. Gerade dort, wo privatwirtschaftliche Unternehmen Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und ähnliches übernehmen, trifft es die Mitarbeitenden besonders schlecht. Dazu kommen Auslagerungen von Fachabteilungen oder gar die Einbindung von Leiharbeitsfirmen. Für die Bilanz der Unternehmen willkommen, für die Beschäftigten ein Desaster.
Selbstorganisation ist jetzt das Gebot der Stunde
Verbände und Bündnisse ermöglichen es Arbeitnehmer:innen in der Pflege, sich stärker zu vernetzen und sich solidarisch zu organisieren, um ihre Forderungen Nachdruck zu verleihen und besser durchsetzen zu können.
Aus Solidarität mit den Pflegekräften bin ich selber seit Januar 2020 Mitglieder der Gewerkschaft ver.di.
Ich selber halte die gewerkschaftliche Organisation für die sinnvollste Form, um die eigenen Rechte und Interessen, auch die auf gerechte Entlohnung, politisch, gesellschaftlich und durch Tarifverhandlungen stärker durchsetzen zu können.
Zur Zeit werden aber auch Pflegekammern gegründet, die die Interessen der Pflegenden stärker gegenüber der Politik und den Arbeitgebern wahrnehmen wollen.
So hat das Gesundheitsministerium NRW einen Einrichtungsausschuss NRW einberufen. Dies ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die später durch die Pflegekammer NRW abgelöst wird. Nach eigenem Bekunden sind deren Aufgaben die Stärkung der Pflege, die Interessenvertretung und auch die Weiterentwicklung des Berufsstandes.
Es gibt aber auch massive Proteste aus der Berufsgruppe der Pflegenden gegen die Errichtung von Pflegekammern, die die Pflegenden zu einer Zwangsmitgliedschaft verpflichten. Dazu gibt es einen aktuellen Bericht!
Alle Fotos – Quelle: www.pixabay.com