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… da ist mein Weg

Foto: Gerd A. Wittka, 2024


Kannst du dir vorstellen, durch dieses Dickicht zu laufen?
Also, ich meine damit einen bequemen Spaziergang zu machen?
Wenn ich da durch wollte, müsste ich sicherlich festes Schuhwerk anziehen. Und ich müsste vorsichtig und vorausschauend meine Füße setzen, damit ich nicht umknicke oder in irgendeine unvorhersehbare Senke stolpere.
Durch dieses Dickicht wäre es kein leichtes Fortkommen.

Wir Menschen würden oftmals sicherlich nach einem bequemeren Weg Ausschau halten.
Und das wäre vernünftig, wenn man nicht gerade auf einem Adventure-Trip ist.

Vielleicht ist es die Art des Menschen, oftmals den leichteren und bequemeren Weg zu suchen und zu nehmen.

Doch bei Tieren ist das anders.
Wege zu benutzen, würde sie eher gefährden, weil sie dann sichtbarer und leichtere Beute wären.

Vor einigen Tagen fand ich in diesem Dickicht einen Fasan, der dort nach Körnern pickte.
Und einen Tag später schritt durch dieses Dickicht gemächlich ein Rehbock. Er ging recht langsam, wirkte nicht, wie auf der Flucht zu sein.
Aber von hier aus hätte er auch unverzüglich die Flucht ergreifen können und hätte sich dabei nicht unsicher in diesem Gelände gefühlt.

Als ich diese Beobachtungen meditierte, fiel mir das Wort am Anfang dieses Blogbeitrags ein:

„Wo ich bin, da ist mein Weg!“

Was wäre, wenn wir nicht immer zuerst nach den bequemeren und leichteren Wegen in unserem Leben Ausschau halten würden?
Was wäre, wenn wir dort unseren Weg vermuten und annehmen würden, wo wir gerade sind, egal wie das Gelände beschaffen ist?
Was wäre, wenn wir nicht alle Aufmerksamkeit unseres Lebens darauf verwenden würden, es möglichst sicher, bequem und behaglich zu haben und dann frustriert werden, wenn es anders kommt?
Was wäre, wenn wir unser Leben so annehmen würden, wie es ist und es als den Weg verstehen würden, wo wir hingestellt sind?
Was wäre, wenn wir dort unseren Weg sähen, wo wir gerade sind und wo uns das Leben hingestellt hat?

Beim Propheten Jesaja lesen wir das Wort:

(Jesaja 48,17)

Dann ist unser ‚Weg‘ vielleicht kein bequemer und kein gut ausgebauter Weg; keine Schnellstraße des Lebens, über die man komfortabel cruisen könnte.
Dann könnte ‚mein Weg‘ eine Strecke durch unwegsames Gelände sein.

Um solche Wege gehen zu können, ist eine gewisse Erfahrung und Übung erforderlich.
Dann vermag ich mitunter solche Wege festen Schrittes – wie ein junger Rehbock – beschreiten zu können, der lieber querfeldein seine Wege sucht, als auf festen Pfaden.

Feste Pfade könnten uns zu ‚falschen‘ Orten führen.

Festgelegte Pfade führen uns nur an Orte und zu Punkten einer (Lebens-)Landschaft, die andere vor uns für uns angelegt und somit ‚ausgesucht‘ haben.
Aber diese könnten nicht die Orte sein, zu denen wir hin unterwegs sind.
Sie könnten nicht unsere Lebens-Ziele sein!
Sie können manchmal so etwas wie die Transitstraßen zur Zeiten der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nach Berlin sein: sie führen nur in eine ganz bestimmte Richtung. Abweichen von dieser vorher festgelegten Strecke ist strengstens und unter Strafe verboten.

‚Unsere Orte‘, die wir in unserem Leben erreichen sollen, könnten vielmehr abseits von ausgetretene oder vordefinierten ‚Transitstrecken‘ liegen.


Wenn unsere Lebens-Wege uns in unbekanntes, unwegsames und schwieriges Gelände führen, könnte es dann nicht sein, dass diese Nicht-Wege uns an Orte unseres Lebens führen, die nicht in den Vorstellungen anderer Menschen zu finden sind?

Indem ich diese Zeilen schreibe, muss ich natürlich auch den Blick darauf werfen, was solche unbequemen, unkomfortablen oder sogar gefährlichen Wegstrecken sein können.
Es können die großen Herausforderungen des Lebens sein, die gekennzeichnet sind von großen Prüfungen und Strapazen, von Schmerz und Enttäuschung, von Leid und Widersinn, … letztendlich von Sterben und Tod.
Es können diese Art Wege sein, auf die man eigentlich nicht freiwillig gehen wollte, wenn man wüsste, was einen erwartet.

Doch das Leben lehrt uns, dass wir nur in wenigen Fällen es selber und allein zu entscheiden haben, welche Wege wir einschlagen.

Welche Wege uns das Leben weist, nennen die einen Schicksal oder Zufall; andere – zum Beispiel gläubige Menschen – sehen darin das Mitwirken Gottes.

Denn – auch davon bin ich überzeugt – alle unsere Wege werden nicht allein von Gott festgelegt.
Es liegt immer auch etwas an uns, welche Wege wir gehen werden. Oder, wie es Johannes Bours mal formuliert hat:

Gleichnamiger Titel des Buches von Johannes Bours, Leipzig. St. Benno,1986.


Und wenn dieser Glaube noch dazu von der Überzeugung gelebt wird, dass Gott im Letzten nur unser Heil und unseren Segen möchte, dann sind solche – vielleicht unverständlichen – Wege, die guten Wege, die Gott uns weist, oder wie es der Beter im 86. Psalm ausdrückt:

Psalm 86, 11

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Von Gerd