Held:innen des Alltags

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Oder: im Hintergrund Großartiges leisten

Bild von Photo Mix auf Pixabay

Vor einigen Tagen kam ich mit einem Menschen ins Gespräch, der in einer Pflegeeinrichtung arbeitet.
Seine Aufgabe ist es, verschiedene ‚Springerdienste‘ zu übernehmen: Essen austeilen, Botengänge machen oder Besucher:innen in Corona-Zeiten am Eingang in Empfang nehmen und dort die Einlassvoraussetzungen (Corona-Schnelltest, Maske, etc.) zu prüfen.

Diese Person erzählte mir, dass sie schon seit 7.00 Uhr morgens Dienst getan hat und der Arbeitstag 10 Stunden dauere.
Ich sagte – recht unbedarft -: „Dann haben Sie aber doch einiges an Überstundenausgleich!“ – Sie aber lächelte mich sympathisch an und sagte: „Nein! Ich arbeite sieben Tage in der Woche. Im Juli werde ich 27 Arbeitstage haben.“

Bild von Andi Graf auf Pixabay

Ich wurde recht kleinlaut.
Natürlich habe ich auch keinen sieben oder acht-Stunden-Tag, aber ich schaffe es immer wieder, mir auch Freiräume für meine Erholung zu nehmen.

Dieser Mensch aber tat sieben Tage in der Woche und im Juli nur mit vier Tagen frei seinen Dienst.

Bild von Christian Dorn auf Pixabay

Doch das erstaunlichste für mich war: er beschwerte sich gar nicht. Freundlich und sympathisch erklärte er mir, dass es zwar manchmal anstrengend sei, wenn beim Einlass die Menschen nicht verstünden, warum es die Einlasskontrollen und -kriterien gibt. Aber ansonsten habe er einen guten Job, der auch körperlich nicht sehr anstrengend sei, und er sei zufrieden.

BTW:
Natürlich habe ich weiterhin Bedenken, dass Menschen ohne großen Freizeitausgleich ihre Arbeit machen und das auch noch bei dünner Personaldecke (Die Person erklärte mir, dass diese Situation durch den hohen Krankenstand bei anderen Kolleg:innen entstanden sei.).
Und natürlich weiß ich auch, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen in Gesetzen und/oder Tarifverträgen was anderes vorsehen.
Ich halte die Situation – trotz aller sympathischen Reaktion dieser Person – für äußerst bedenklich und ich erwarte, dass Politik und Unternehmen zügig etwas gegen solche Zustände tun. Solche Zustände dürfen weder ein Dauerzustand sein noch zur Normalität werden!

Aber dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – sind solche Menschen für mich Held:innen des Alltags.

Sie zeigen, was Menschen zu leisten bereit sind.
An den Verantwortlichen liegt es: dieses auch wirklich und glaubhaft zu würdigen.

Und mir nötigen solche Menschen für ihre Dienstleistungsbereitschaft den höchsten Respekt ab.

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