Erfolg

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Bild: Gerd Wittka

Nicht bloß das Tun, nicht bloß die Tatsache der
hinterlassenen Leistung gibt uns ein Recht auf ehrende
Anerkennung, sondern auch das Streben selbst,
und gar besonders das unglückliche Streben, das
gescheiterte, fruchtlose aber großmütige Wollen.

Heinrich Heine, 1797-1856, Christian Johann Heinrich Heine (Harry Heine), deutscher Dichter und Romancier, ein Hauptvertreter des Jungen Deutschland, Begründer des modernen Feuilletons

Ich fand heute morgen dieses Zitat von Heinrich Heine … und war sehr erstaunt.
Ich bin erstaunt, wie aktuell dieser Gedanke von ihm ist und was wir von der Aufklärung und der Frucht der Aufklärung, dem Humanismus, gerade heute noch lernen können.

In einer Welt, die nur Ergebnisse sehen will … und meist diese auch nur würdigt, ist das humanistische Menschenbild umfassender und ganzheitlich.

So, wie die Aufklärung und der aus ihr entstandene Humanismus wesentlich mitgeprägt wurde von der Geisteswelt damaliger Philosophen, Schriftsteller, Dichter und Denker, zeigt er uns, dass das wahre Menschsein nicht allein vom Oberflächlichen abhängig ist.

Die Geisteshaltung, der Geist, der unserem Denken und Tun vorausgeht, ist wesentlich für die Einordnung dessen, was erstrebenswert in unserem Leben ist.

Das Wort Heinrich Heines macht mir deutlich, dass dies nicht allein vom Erfolg her beurteilt werden kann und darf.

Um einem Menschen gerecht werden zu können, gilt es – nach Heine – auch die zugrundeliegende Geisteshaltung, den Ethos, die Absicht, die gute Idee mit zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob das daraus resultierende Denken und Tun von vermeintlichem Erfolg gekrönt wird.

‚Erfolg‘ in unserere Postmodernen meint eigentlich immer nur das ‚Erreichen von Zielen‘, die tatsächliche Umsetzung von Ideen und Initiativen.

Für Heinrich Heine, für die Philosophie der Aufklärung ist aber schon die Idee, der Gedanken, allein das Streben nach dem Wahren und Guten anerkennenswert.

Scheitern als Gegenpol von Erfolg wird dadurch relativiert.

Findet sich in dieser Idee des Humanismus nicht so viel christliches Gedankengut und viel vom jesuanischen Menschenbild und seiner Ethik?

Für Jesus war entscheidend, ob der Mensch sich allein ernsthaft darum bemüht, den ’neuen Weg‘, den Weg der Umkehr und der Versöhnung zu gehen.
Für Jesus war entscheidend, welche Geisteshaltung die Menschen prägte, die es mit ihm zu tun bekommen haben.

Der Zöllner, die Ehebrecherin, die arme Witwe, der Blinde (der vermeintlich nichts leisten konnte und nur auf Almosen angewiesen war): sie alle genießen hohe Wertschätzung.
Während jene, die zwar in den Augen der Welt erfolgreich waren, ihren festen Platz in der Gesellschaft eingenommen und gefunden haben, die hofiert wurden: deren Geisteshaltung hinterfragt Jesus und entlarvt sie als umkehrbedürftig.

„Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du da vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen.“

Mt 11,25

„Erfolg ist kein Name Gottes!“, so ein geflügeltes Wort.
Das Zitat von Heinrich Heine macht uns darauf aufmerksam, dass wir in der Würdigung und Anerkennung nicht nur allein Erfolg als Kriterium nutzen dürfen, weil schon allein die Absicht, die Geisteshaltung, das eigene Ethos, das Wollen der Anerkennung bedarf.

Wenn wir Menschen in ihren guten Absichten bestärken, dann wird sich zwangsläufig, auch nach vielen Niederlagen, der Erfolg einstellen.
Wer aber nur den schnellen Erfolg anstrebt, ist leicht in der Gefahr, seine Ideale zu verraten.

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