Heilen, nicht krank machen …

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„Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, (…) heilt die Kranken, die dort sind, und sagt den Leuten: Das Reich Gottes ist euch nahe.“ (Lk 10,9)

Bild von chris3758 auf Pixabay

In Zeiten eigener Krankheit lohnt es sich, in sich selbst hinein zu hören, wonach man sich selbst sehnt.
In Begleitung von Kranken bekomme ich manchmal – sogar sehr deutlich – Hinweise: „Ich möchte wieder mein altes Leben zurück!“„Ich möchte wieder aktiv werden können!“„Ich wünsche mir, meine Antriebslosigkeit zu überwinden!“

Ja, Kranke – so man ihnen offen begegnet und zuhört – können sehr klar formulieren, was ‚ihnen fehlt‘!
BTW: Kennen Sie das auch noch? Sie gehen zum Arzt und er fragt Sie: „Was fehlt Ihnen!“?

Kranksein bedeutet also oft Mangel.
Es bedeutet, dass den Menschen etwas fehlt; dass sie etwas vermissen, was sie vorher hatten. Kranksein wird also als eine Reduktion verstanden; ein Zurückgeführt werden, was von den erkrankten Menschen aber als Mangel wahrgenommen wird.
[An dieser Stelle möchte ich mich nicht mit der Frage beschäftigen, ob eine Re-duktion manchmal auch sinnvoll sein kann! – Ich möchte mich heute darauf beschränken, dass die Reduktion, die Kranke in ihrer Krankheit erfahren, oft als etwas wahrgenommen wird, das sie mit einem ‚Mangel‘ beschreiben oder sogar gleichsetzen würden.]

Die Sehnsucht von Kranken ist daher nur all zu verständlich: die Sehnsucht nach der Wiederherstellung eines frühen Zustands!

In der heutigen Tageslesung lese ich das Wort bei Lukas 10,9 aus dem Munde Jesu:
„Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, (…) heilt die Kranken, die dort sind, und sagt den Leuten: Das Reich Gottes ist euch nahe.“ (Lk 10,9)

Jesus sagt uns hier also:
– Fragt die Menschen: „Was fehlt dir?“!
– Fragt die Menschen, was sie in ihrem Leben vermissen!

Bild von CCXpistiavos auf Pixabay

Die jesuanische Haltung der Christen ist also jene, die nach dem Menschen schaut, die ihn buchstäblich ‚in den Blick nimmt‘ und ihm so An-Sehen verschafft.

Doch die Haltung, wie Kirche und Christen oft anderen Menschen begegnet, ist nicht selten von Erwartungen geprägt, die an die anderen gestellt werden: sie sollten, sie müssten, ….

Die Haltung Jesu im heutigen Evangelium ist doch eine ganz andere.
Seine Haltung ist die heilsame Haltung eines Arztes, der die Menschen fragt: „Was fehlt dir?“

Damit spricht Jesus auch den Menschen eine Kompetenz zu, nämlich die Kompetenz, sich selbst am Besten auf die Spur zu kommen, was sie zu ihrem Heil, zu ihrer Heilung brauchen.

Ich wünsche mir mehr von dieser Haltung Jesu Christi in unseren Kirchen und bei den ChristInnen dieser Zeit: Haben wir den Mut, mit den Augen des Herrn auf die Menschen zu schauen, ihn in den Blick zu nehmen und seine Sehnsüchte nach Heil und Heilung.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Und genau für diese Arbeit sucht er auch heute Menschen, wenn er einige Verse zuvor sagt:
„Die Ernte ist groß (…). Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden…“ (vgl Lk 10, 1ff.)

Ich träume von einer Kirche, die den Menschen nicht sagt, was sie zu tun oder zu lassen haben, sondern die sie – wie der Herr selbst – fragt: „Was willst du, das ich dir tue!“ (vgl. Lk 18,41)

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