Wertschätzung und Wohlwollen

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Kannst du was mit den beiden Begriffen oben anfangen …?

Ich bin Pate bei einer meiner beiden Nichten aus Köln.
Gestern, am 21. Juni 2023 bekam meine Nichte ihr Abizeugnis im Rahmen einer Feierstunde des Humboldt-Gymnasiums überreicht. Mein zweitältester Bruder ist dort der Schulleiter. Ich habe mich sehr auf diesen Tag gefreut.

Büste Alexander von Humboldt am Humboldt-Gymnasium Köln,
Foto: Gerd Wittka

Ich war nur bei der Zeugnisübergabe dabei. Aber diese Feier hat mich sehr bewegt und positiv gestimmt und mit viel Freude habe ich diese Feier verlassen.
Und das hat einen ganz bestimmten Grund:

Diese Feier war – von allen Seiten – von viel Wertschätzung und Wohlwollen geprägt.

Angefangen bei der Ansprache meines Bruders Michael Wittka-Jelen über die Rede der Sprecherin der Abiturient:innen und auch der Beitrag der Elternschaft bis hin zu den musikalischen Darbietungen stand alles unter den Vorzeichen: Wertschätzung, Ermutigung und positive Würdigung.

Richtig beflügelt verließ ich die Festaula.
Anschließend stand ich noch mit meiner Schwägerin und meiner anderen Nichte zusammen und ich hörte mich auf einmal den Satz sagen:
„Eine solche wertschätzende Haltung wünschte ich mir mehr in unserer Kirche!“

Und damit habe ich den Nagel auf dem Kopf getroffen mit dem, was unsere Kirche oft so ‚unerlöst‘ rüberkommen lässt.

Ich möchte es gerne erläutern:

Mitte und Ziel der christlichen Botschaft ist der Mensch und seine Erlösung.
Erlösung kann doch dann nur bedeuten, dass die Menschen durch ihren christlichen Glauben vor allem das ausstrahlen:

Freude, Zuversicht, Hoffnung, Dankbarkeit, …

Doch stattdessen habe ich immer mehr den Eindruck, dass wir eine Nabelschau betreiben, die nicht gut ist; weder für das Innenleben der Kirche noch für ihre Außenwirkung.

Wir verzetteln uns mit Fragen von Strukturen, die uns schon seit Jahren beschäftigen. Das wiederum sorgt für Frustration, gerade auch bei denen, die sich ehrenamtlich in unseren Pfarreien engagieren.

Hauptamtliche Seelsorger:innen kommen immer mehr rüber als ‚Verwalter:innen‘, weniger als Seelsorger:innen.
Die äußere Form und Darstellung scheint immer noch wichtiger zu sein, als eine „Kirche für die Vielen“ zu werden.

Es mangelt aus meiner Sicht an echter Beziehungsarbeit, echtem Interesse an den Menschen und ihren geistlichen Bedürfnissen.
Vielleicht liegt es auch daran – das muss ich selbstkritisch fragen -, dass wir als hauptamtliche Seelsorger:innen unseren eigenen geistlichen Bedürfnisse zu wenig nachspüren und zu ihrem Recht verhelfen?

Ich erlebe Kolleg:innen, die eigentlich Seelsorgende sein sollen, die sich aber viel mit irgendwelchen formalen oder technischen Fragen der (Selbst-)Darstellung beschäftigen. Dabei dürfen diese immer nur Mittel zum Zweck und nie selber zum Zweck der Seelsorge werden!

Dahinter vermute ich auch letztendlich eine Suche und Sehnsucht nach ‚Selbstbestätigung‘, die die fehlende Erfüllung im pastoralen Handeln kaschieren hilft.

Ein Beispiel, das ich schmerzlich in den letzten Tagen machen musste:

Da leisten haupt- und ehrenamtliche Mitglieder unserer Kirche Herausragendes, wie z.B. der Einsatz bei dem tödlichen Unfall auf unserer Sterkrader Fronleichnamskirmes. Doch von Verantwortlichen aus unserer Kirche wird dies kommentarlos zur Kenntnis genommen. – Kein Wort der Anerkennung, des Dankes und auch der Ermutigung, bei solchen oder ähnlichen Gelegenheiten sich wieder beherzt und unkonventionell mit Hilfe und Beistand einzubringen!

Ich frage mich:
Was muss noch alles passieren, auch an schlimmen Krisen und Herausforderungen, damit wir endlich würdigen, welche wertvollen Potentiale hier vor der eigenen Haustür schlummern?!
Wo bleibt die Seelsorge für jene, die sich – gerade auch ehrenamtlich – in solchen Situationen engagiert haben?! –
Ist das alles für uns nur selbstverständlich?
Interessiert es uns wirklich nicht, wie es denen geht, die sich in einer solchen Krise mit eingebracht haben? Ist es uns gleichgültig, wie sie das Geschehene verarbeiten (können)?!

Hier versagt meiner Meinung nach Kirche ganz klar und deutlich und zeigt ein hohes Maß an Empathielosigkeit auf, die der Haltung Christi diametral entgegensteht! Das ist mehr als fatal!


Wahr ist auch: Seelsorge ist heute ein schwieriges Geschäft!

Nicht zuletzt auch durch den radikalen Glaubwürdigkeitsverlust unserer Kirche, die sich vor allem in ihrer Haltung zur heutigen Lebensentwürfen der Menschen, in Fragen der Sexualität und auch dem Umgang mit den massiven Fehlern und der Schuld der gesamten Kirche im Kontext der Missbrauchsaufarbeitung zeigt, wird es immer herausfordernder, eine Seelsorge zu leisten, die wirklich bei den Menschen ist.

Das liegt sicherlich auch daran, dass Menschen, die eigentlich Seelsorge wünschen, sich nicht mehr sicher sind, ob sie wirklich bei uns und unserem System gut aufgehoben sind.

Damit wir unser Tafelsilber, was wir in die Hand bekommen haben, nicht noch unsinnig verschleudern, erscheint es mir um so wichtiger, dass wir unsere Haltung gegenüber der christlichen Botschaft und ihrem Ziel und auch unserer Haltung gegenüber den Menschen, für die wir da sein sollen, überprüfen müssen!

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